Virtuosenthum.
Das
fPätern
Die
Sophisten.
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Kaiserzeit, wie sie Philostratus schildert, produciren sich mit ihren
oben angeführten Themen CS. 251J in einer oft eigenthümlich prah:
lerischen Weise und lassen sich anstaunen wie gewisse Repräsentanten
der heutigen Musik, deren Ansprüche den ihrigen auffalIend ähnlich
sehen. Wie inzwischen auch im Abendland die politische Beredsamkeit
im Panegyricus ausging und die gerichtliche tiefer und tiefer sank, ge:
hört nicht weiter hieher. Aus der diocletianischen und constantinischen
Zeit besihen wir an den oft angeführten Lobreden auf die Kaiser und
Cäsaren vielleicht das Beste; wogegen die schlechte Diction der gleich:
zeitigen Edicte in Abrechnung kömmt. Bei den Christen war der Styl
bisher eine Nebensache gewesen; E erst einige Jahrzehnte später beginnt
die Reihe ihrer berühmten Kanzelredner, bei welchen der neue Inhalt
endlich sich mit der überlieferten, aber umgestalteten Form ausgleicht.
Ein merkwürdiger Zwiespalt hatte überwunden werden müssen, die
Verehrung des elassischen Styles und der Abscheu gegen die heidnischen
Beziehungen, die Befreundung mit der biblischen Sprache und das
Bewußtsein ihrer Unreinheit. Für Sanct Hieronymus bedurfte es
eines schrecklichen Traumgesichts, in welchem ihn der Weltrichter vers
dummen wollte als einen cieeronianus, non ehrjstianUs.24
Inzwischen blieb für die Heiden und auch für zahllose Christen
sdie Rhetorik das ganze vierteJahrhundert hindurch einLebensinteresse.
Einzelne Lande, wie GalIien und Asrica, waren sich fortwährend be:
sonderer c53igenthümlichkeiten des Sthles nicht ohne Stolz bewußt3,
und die Rhetoren gehörten hier zu den angesehensten Männern. In
den griechischen Gegenden des Reiches suchten die Sophisten um jeden
Preis die Stelle zu behaupten, die sie in der Zeit der Antonine inne
gehabt.4 Da sie aber zugleich als neuplatonische Philosophen nnd
Wunderthäter wirkten, so hat ihr Geschichtschreiber Eunapius ihre
rhetorische Thätigkeit weit weniger beachtet; höchstens charakterisirt er
I Die Art der Gelehrsamkeit einzelner christlicher Bischöfe s. bei Engels.
Hist. Seel. VIl, 32 seq.
T S. IZlier0nymi ep. 22 ad Eust0oh. c. 29. Vgl. ep. 70.
3 Sy1nma,chi ep. IX, 88.
4 Eunapius hat das Bewußtsein, daß das Geschlecht der großen Phi1o2
fophen nur bis auf Septimius Severus reiche Cvet. ed. p. 11z, was
Äihn jedoch an der Vergötterung der Späteren nicht irre macht.