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Fünfter Abschnitt.
Das Heidenthum und seine Göttermischung.
Winkelwirthschast schlafend; neben ihm liegt das Tamburin. Durch
ihre Bettelei aber drängen sich die Priester der Göttermutter mit
ihren phrhgischen Kappen schon weiter und weiter in das Haus des
reichen Römers hinein und hängen sich einstweilen an den Aberglau:
ben der Weiber, welche für die geschenkten Eier und abgetragenen
Kleider sich guten Rath geben lassen gegen die drohenden Fieber des
Spätsommers.I Von dieser Aufwartung der GalIi bei der Toilette
der vornehmen Dame war kein großer Schritt mehr zu ihrer Auf:
nahme in die Domesticität und zum persönlichen Mitmachen. Super:
stitionen griffen in jener Zeit um so leichter um sich, je abgeschmackter
sie waren. Bald finden wir Jnschriften von Priestern der großen
Mutter, Archigallen und Erzpriesterinnen mit römischen Namen; die
Heiligthümer dieses Cultus sangen an, sich über ganz Italien und
Gallien zu verbreiten. Es bilden sich herumziehende Priesterschasten,
welche als ein wahrer Auswurf der Gesellschaft haufenweise von Ort
zu Ort reisen und im Namen des kleinen Götterbildes, das sie aus
dem Rücken eines Esels mit sich führen, die unverschämteste Bettelei
treiben. Weibisch gekleidet und gepuHt, singen und tanzen sie zu Tam:
burin und Flöte, peitschen und verstümmeln sich blutig,2 um sich dann
durch Diebstahl und namenlose Ausschweifung schadlos zu halten. So
werden die Bettelpriester bei Lucian und Apuleius zur Zeit der An:
tonine geschildert. Später muß wenigstens in Rom dieser Eultus der
großen Göttin wieder eine ehrbare Seite gehabt und namentlich die
Castration aufgehört haben, indem sonst die öffentlich durch Denk:
mäler eingestandene Theilnahme vieler sehr angesehenen Leute sich
nicht erklären ließe. Von den eigenthümlichen Mysterien, welche sich
mindestens seit dem dritten Jahrhundert daran anschlossen, wird
weiter die Rede sein.
Das große Jahresfest im April gab durch seine symbolischen Be:
gehangen, die man längst nicht mehr verstand, den Kirchenschriftstel:
lern3 besondern Anstoß. Es begann mit der Frühlingsnachtgleiche;
da wurde im Walde eine Pinie gefällt derjenige Baum, unter
welchem Atys sich verstümmelt hatte und in Procession zu dem
Juvenal satt. VI. 511. vgl. mit VIII, 172 seq.
Vgl. I. Könige 18. Bis. 28.
Bes. Arnob. a.äv. gentes. V. Die Stellen bei
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