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die Daseinsfreude, die Nährquelle jeder Tugend
und jeden Antriebs zur Kunst, vernichtet.
Das Höchste, was Ruskin von der Kunst ver:
langt, ist, daß sie uns das getreue Bild eines
edlen Menschen vergegenwärtige, denn mehr habe
sie niemals geleistet, u11d weniger sollte sie nie:
mals anftreben; doch müsse zur Erreichung dieses
Ziels die in einander greifende Gefamtthätig:
keit eines Volkes mitwirken, um die gleichmä:
ßige Ausbildung des Körpers, des Gemüthes und
des Geistes, die allein auf die Höhe des voll:
kommnen Menschen führe, zu fördern.
Man hat sich daran gewöhnt, die schönen
Künste als einen entbehrlichen Ueberflus3, die
nüHlichen hingegen als nothwendig zu betrachten.
Bei eingehender Betrachtung ergiebt sich jedoch,
daß sich die nützlichen Künste zu den schönen
wie der Stengel zur Blüthe verhalten. Wo
man den Stengel beschädigt, bleibt die Blüthe
aus; mit ihr jedoch auch die Saat zu einer or:
ganisch höheren Entwicklung.
Die Weltgefchichte lehrt, daß bisher hochent:
wickeltes städtisches Leben den Verfall noch jeder
Kultur herbeigeführt hat. Man braucht sich nur
die großen Hirncentren vergaugener Civilisa:
tionen zu vergegenwärtigen: Ninive, Babylon,