Musäus7 BolksmZrchen.
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zu den reizendsten Erfindungen zu verwcrthen. Da lag also,
besonders bei der Nachbarschaft Leipzig7s mit feinen unter:
nehn1ungsZslnftigen Buchhändlern, die Versuchung zum Jllu:
striren umso näher, als damals gerade sich die ersten Anfänge
jener Berzier11ngs3lnft von Frankreich nach Deutschland her:
überverpflanzt hatten. Eugen Neurenther der im Cid und
den reizenden Arabesken zu Götheis Balladen, sowie in den
bairischen Gebirgsliedern, den vielbernfenen Schnaderhüpfeln,
einen direkt an Dürer anknüpfenden eigenthiimlich nationalen
nnd mit nner1neßlichem Beifall belohnten Anfang gemacht,
reizte den Unternehmungsgeist zur Nachahmung. So ward
denn Richter, der sich ja bei feinen Compofitionen bereits
mit verwandter Weise in der Mährchenwclt der Romantik
un1gethan, bald vielfach in dieser Richtung in Anspruch ge:
nommen.
Die erste bedeutende Unternehmung jener Zeit nach dein
,,1ualerischen und romantischen DeutschlandU waren die Jllus
strationen zu den deutschen Volksbüchern, vorab zu M usäu s,
Volksmärchen. Die leicht ironisch 1nodernisirende, nicht
eben poetische, aber dem Rationalismus des Jahrhunderts der
,,AusklärungH um so mehr entsprechende Behandlung des
alten Stoffes hat Richter wunderbar glücklich mit dem echtesten
kiinstlerischeu Gehalt zu erfüllen, iu7s reinste Gold der Poesie
umzuwandeln gewußt. Aus der nüchternen Anschauung der
,,GebildetenH übcrset3te er sie in den naiven Volkstou und zwar
vorzugsweise in das n1itteldcutsche, besonders sächsische moderne
Volksleben zurück, womit er ihnen den richtigen Boden und
ein ungeheures, sich selber oder die Herren Vettern mit Ents
zücken wiederfindendes Publikum zuriicgewann. Wie sich
etwa Stadtkinder die erzählten Begebenheiten denken, die