Carnation etwas leblos zu werden, indem er mehr auf die
Richtigkeit des Tons als auf die Art ßeht, wie er ihn hervor,
bringt, so daß derselbe deßhalb oft etwas undurchüchtiges, opakes
erhält. Dagegen accentuirt Lenbach die Pläne bei weitem nicht
mit der plastifchen Schärfe, die jener zeigt nnd die an einem
Velasquez oder Holbein so bewunderungswürdig erscheint, ja
wird oft beinahe form: wenn auch sicherlich nie leblos. Die
besten seiner Portraite sind zwei Damen, eine, die man wieder
unter die überhaupt sehr zahlreich vertretene Rubrik der Bankiers:
srauen rangieren möchte, ohne sie zu kennen, aber von einer
geistreichen Lebensfülle, die sie schon in die literarisch:kiinstlerische
Abtheilung derselben verweist, und ein Mädchen in einer Art
altdeutschen Costüms, von einer Feinheit und seelenvollen Jnnig:
keit des Ausdrucks, einem undefinirbaren Zauber, einer süßen
Milde und Blässe des Colorits, die ne weit über alle seine
andern Leistungen hinausheben.
Es wären nun in dieser glänzenden Seite der Wiener
Kunst noch viele sehr achtbare Leistungen von Ammerling, Aigner,
Lafite, Oeconomo, Raub, Schrozberg, Gustav Gaul u. A. m.
zu erwähnen, bei denen ich mich aber leider nicht aufhalten
kann, um höchstens noch zweier Knaben in Rubens7scher Tracht
von Charlemont, einem Schüler oder Jnspirirten Makarts, zu
gedenken, sehr ungezwungen bewegt und ausgezeichnet colorirt.
Auch Canon hat einige bemerkenswerth tüchtige Bildnisse
aus Stuttgart eingesandt, die seine beste Eigenschaft, groß und
historisch aufzufassen, in hervorragendem Maße theilen. Nur hat
er sie sehr unnöthig in alte Costüme gesteckt, aus denen der mo:
derne Kopf merklich auffallend maskenartig heraussieht. So bei
einem Jäger mit Hunden im Costüm des ßebzehnten Jahr:
hunderts, dem er überdies; auch noch genau die bekannte Stellung
des antiken Diskuswerfers gegeben. Aber antike Posen in dreißig:
jährigen Kriegshosen und irgend ein modernes Schwabengestcht
mischt man nicht ungestraft untereinander, man mache es so
energisch, als man will. Am besten ist ein allerliebst pi:
kantes Mädchen mit röthlichen Haaren als Früchteträgerin, auch
ihr Pendant, ein Knabe als Page, beide sind breit und groß
gesehen. Leider hat das Colorit sämmtliche: Bilder etwas zu
gläsernes und gelbes, als wenn ein dicker alter Firnisz darauf läge.
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