298
Die
Gewerbe.
sum im
Je mehr freilich das Bedürfnis; dem die Baue
kunst dient, ein ideales ist, desto mehr tritt die gemeine
Zweckmäßigkeit zurück, indem sie sich in die künstlerische
aufhebt: der Bau scheint nur noch einen Zweck zu
haben, den nämlich die gewollte Stimmung auszus
drücken und zu bewirken. Dieß gilt, wenn auch in
geringerem Grade, von jedem architektonischen Kunst:
werke. Selbst das künstlerisch durchgefiihrte Privats
haus läßt ganz vergessen daß es dem Bedürfnisse
dient. Jener Eindruck des Wohlabgetheilten, Hars
monischen, Wohnlichen, Behaglichen, den es auf uns
macht, erzeugt eine Stimmung höherer, ideeller Natur
vor welcher das gemeine Bediirsniß verschwindet. Diese
Empfindung hat ihren Grund nicht im physischen
Wohlbesinden, das weit geringere Anforderungen macht,
sondern in der Bewältigung und Bergeistigung der
Materie die uns durch die schöne Begrenzung der
Räumlichkeit, durch die logische Gruppirung und den
Schmuck der Theile zum Bewußtsein kommt. Der
Geist des Menschen ist in die Materie gefahren und
hat sie nach seinem Bilde geformt das heifztEnicht
nach seinem äußern physischen Bilde, sondern nach
dem Bilde seines denkenden Jchss er tritt uns nun
aus der Materie wieder entgegen, und gibt uns das
Gefühl daß wir hier etwas unserem Wesen Adäquates
vor uns haben, daß wir hier zu Hause find.