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Dritter Zeitraum.
Germani61nUS.
Form war man, wie wir oben gesehen haben,
auch nicht verlegen: die von Alters her für Altar:Weihge:
sGenke gebränchliche der Dipthchen hatte zu der Anordnung
der gegliederten Altarwerke geführt.
Grabstcine und Grabdenkcnäler wurden in großer Zahl
W angefertigt; sie enthalten Bildnißgestalten, gewöhnlich in be:
tender Bewegung, auch wohl schlafend oder todt, mit den be:
kannten Emblemen von Tod und Sünde, die allerdings jetzt
noch eine entgegengesetzte Deutung zulassen, indem ein Hund
unter den Füßen der Frau auf ,,TreueH und demgemäß der
Löwe des Gatten auf ,,StärkeU hinweist. Vorgeschriebene
Tracht nnd Wasfenriistung hinderten hierbei nicht selten freie
Y;FF;s2leußerung des Geschmacks. Ehrendenkmale aber waren so
UIWT7Esungewöhnlich, daß vielleicht die Neitersiatue Kaiser Ottos I.
auf dem Markt in Magdeburg das einzige Beispiel der Art in
Deutschland ist. An den Brunnen und Fischkasten, Sacra1nent:
häuschen und Wegkreuzen, und wo sonst die Sculptur noch
mit der Architektur in Gemeinschaft wirkte, mußte sie sich die
oben erwähnten in dem System der Gothik begründeten Bei
schränkungen gefallen lassen; nnd wenn sie sich auch an einzels
nen Stellen am äußeren Kirchcnbau, vornehmlich aber an den
aus Holz geschnit;ten Chorstühlen im Innern das Recht für
einen sogar ausgelassenen Humor erobert hatte, so war doch
der Kunst selbst auf ihrem Vildungsgange damit kein eigent:
licher Vortheil erwachsen. Nur eine Gelegenheit erscheint der
Seulptur besonders günstig; allein sie bot sich erst dar, als die
beste Zeit schon vorüber, als der zuerst eingeschlagene Weg
reiner Stylentwickelung bereits verlassen war, ich meine die so:
genannten O elberge, Stationen und Gräber Christi,
große Relicfs oder lcbcnsgroße Statuengruppen an Kirchen,
auf Kirchhöfen, an Anhöhen frei, oder unter architektonischen: