Die
Gründung der klassisrhen
Kunst.
aussehung war. Ja diesem Kriege gegen das Bestehende, in welchem sie
sich nur ans das Recht des Geistes berufen konnte, liegt das Revolntionäre
der neueren deutschen Kunst, die zwar nicht, wie in Frankreich, mit der
politischen Revolution liebäugelte, die aber stillschweigend die berechtigten
Grundsätze der staatlichen und gesellschaftlichen Umwälzung auf ihrem
Gebiete anwendete nnd zur Geltung brachte.
Wenn wir hiernach nun uns zur Schilderung von Carstens7 geschieht:
licher Bedeutung, zur Betrachtung seines Lebens und seiner Werke wenden,
so wird es uns nicht iiberraschen können, wenn wir namentlich in den
früheren Arbeiten des großen Künstlers noch Unbeholfenheit und offen:
bare Verstöße gegen die Richtigkeit der Natur wahrnehmen, ja selbst in
seinen reifstensWerken nicht eine unbedingte Fehlerlosigkeit in dieser Hin:
ficht anerkennen können. Diese Mängel aber werden und müssen viel:
mehr gerade dazu beitragen, unsere Aufmerksamkeit mit vollem Nachdrucke
aus das Wesentliche bei Carstens, auf den neuen Geist zu lenken, der in
seinen Werken nach Gestaltung strebt, auf den Geist kraftvollen und selbst:
stiindigen Erfindens nnd Schaffens, auf den Geist inniger und voller
Beseelung, auf den Geist reiner und klassischer For1uengebung. Carstens
war es, der zur Einfalt und Wahrheit der Natur zurückging, der die
Seele auf dem Gebiete der Kunst in ihre Rechte wieder einsetzte, der die
ganze Erscheinung seiner künstlerischer: Leistungen durch geistvolle und seine
Beachtung des Vorbildes der Alten läi1terte nnd klärte.
Carftcu;z.
As1nus Jakob CarstensEJ wurde am 10. Mai l754 geboren, in
der Mitte des Jahrzehnts, an dessen Beginn Göthe und an dessen Ende
Schiller der Welt geschenkt wurde. Nur zwei Jahre älter war er als
Mozart, und so scheint es, als habe das Schicksal in dieser zeitlichen Nähernng
der Geburtsjahre aller dieser großen Männer die Gemeinsamkeit der
geistigen Richtungen, welchen sie dienten, andeuten wollen, eine Gemein:
samkeit, die in den Tiefen des deutschen Genius ihre einheitliche Be:
H CAkstens Leben und Werke von K. L. Fernotv, herausgegeben und ers
gänzt von Herman Riegel. Hannover 1867. Die CarstensTskhen Zeichnungen und
Oelgemälde in Kopenhagcn von Herman Riegel. cJn den ,,Jahrbüchcrn für Kunst:
wissenschaftH 1874. S. 99 ff.I Carstens Werke herausgegeben von Herman
Riegel. l. Band mit 43TcIfeIn, gestochen von W.MiiI1ek. Leipzig 1869. II. Band
mit 36 Tafeln, gestochen von W. Müller, H.Merz und Anderen. Leipzig 1874.
Photographien Carftens7fcher Werke, nach den, im großherzoglidh sächsischen Museum
zu Weimar befindlichen Originalen, herausgegeben von W. Kemlein. 48 Blätter.
Groß Folio.