Preisaufgaben
München.
Weimar,
Schelling.
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den Earstens7schen Nachlaß besaß nnd 111it dem Goethe viel iiber Kunst:
diuge sich unterhielt. Goethe vermittelte dann den Erwerb des Nachlafses
fiir Karl August, nnd es mag wohl sein, daß er durch die wiederholte
Anschauung dieser Werke doch zu der Ueberzengung gelangt sei, es
miißten solchen Leistungen gegenüber die praktischen Erfolge der Preis:
anfgaben zurücktreten. Vielleicht n1ag 1nan auch gefunden haben, daß der
regelmäßige Geldanfwand der Preis allein betrug seit 1.802 sechzig
Dncateu auf die Dauer unbeqne1n wurde; und endlich mögen ähnliche
Verhältnisse mitgewirkt haben, die schon das Eingehen der ,,ProphläenH
nöthig gemacht hatten, und die Goethe in seinen Tag: und Iahresheften
Cvon 1800J als gegnerische Machenschafteu ,,bösartiger MenschenH be:
zeichnete. Genug, das Unternehmen hörte mit der siebenten Preisaufgabe
im Jahre 1805 auf.
Als eine Fortsetzung der Weimarischen Preisaufgaben diirfte11 ge:
wissertnaßen die von der Akademie zu München gestellten Auf:
gaben anzusehen sein, deren Preis im Jt1hk2 1814s Wie Wir ftbv1I
CS. l13D mittheilten, Josef Koch znfiel. Man darf vielleicht in dieser
Auszeichnung eines anerkannten Meisters der ,nenen Richtung den ersten
Schritt einer Hinuäherung der Akademien zu dieser finden, und man wird
nicht irren, wenn man die anregende Ursache zu demselben in Schelling
CS: 174J sucht. Aber im Allgemeinen bewegten sich die nach Weimar
wie nach München eingelieferten Arbeiten mehr oder weniger in den
Bahnen alade1nischer Kunst, wie solche durch Mengs bestimmt worden waren.
Es haftete ihnen im Großen nnd Ganzen das Lahme, Nüchterne m1d
Aeußerliche, bei einem entschiedenen Streben nach formaler Klassizität,
an, welches die Eigenschaft der auf den Akade1nien geübten, wie gelehrten
Kunst damals war. Also auch auf diesem Wege war es nicht möglich,
zu einer wahrhaften nnd innerlichen Berjiingnng der deutschen Kunst zu
gelangen, und die Theorie, selbst die beste und vUortrefflichste, hatte sich
außer Stande gezeigt, in unmittelbarer Weise wirklich belebend nnd be:
deutsam anregend auf die Knnstübnng einzrnvirken.
Dies wurde in gewissem Sinne auch eingesehen. Schelling,
der in jenen Jahren in Jena lebte, hatte dies Weimarischen Knnstbestrebungen
aus eigener Anschauung und durch näheren Umgang mit Goethe und den
übrigen Kuustfreunden kennen gelernt. Thcoretisch befand er sich mit
Goethe im Allge1neinen auf dem nämlichen.Boden, aber ebenso wie den
Kunstfreunden ging auch ihm die Kenntniß von den neuen Knnstbestrebnngen
der Deutschen in Rom ab, ebenso wie sie begriff er noch nicht die Be:
dentnng von Earstens, dessen nachgelassene Werke doch auch er Gelegenheit
hatte zu sehen: und so stand er noch gleichsam wie vor geschlossene1n Vor:
Riegel, Gefchiii;te der deutschen Kunst :e. 13