Murillo.
in der endlosen Schar der Engelchen, die
sie mit festlichem Jubel umschwärmen.
Mnrillo malte dieses Bild, eines seiner
letzten Werke, für ein Hospital zu Sevilla.
Bei der Ausraubung der Klöster im Jahre
1810 nahm Marschall Soult, der ein gutes
Kunstverständnis gehabt haben muß, das:
selbe für sich in Beschlag. Bei der Ver:
steigerung von dessen Nachlaß im Jahre 1 852
erwarb Napoleon das Bild um den Preis
von 615300 Francs für die Louvresamm:
lung. Seit den Zeiten, wo römische
saren abenteuerliche Summen aufwendeten,
um die alten Meisterwerke hellenisc;er Kunst
ans dem BesiH griechisiher Städte und
Tempelgemeinden in die kaiserlichen Sa1nm:
lungen der Welthauptstadt zu bringen, war
es nicht mehr vorgekouimeu, daß für ein
GeInälde eine so hohe Summe verausgabt
wurde. In unseren Tagen sind freilisch
schon zweimal noch höhere Preise bezahlt
worden Cfür Meissoniers Kürassiere und
Millets AbendliiutenJ.
Das Louvremnsen1n besiHt noch ein an:
deres großes Meisterwerk Murillos, welches
der Jnnnaculata mindestens ebenbürtig ist.
Dasselbe führt in sehr unzutrefsender Weise
die Bezeichnung einer heiligen Familie; es
ist vielmehr eine Verbildlichung der hei:
ligen Dreifaltigkeit CAbb. 56J. Jesus Chri:
stus steht als Kind aus dem Schoße Marias
nnd nimmt das Zeichen seines Opfertodes
aus der Hand des kleinen Vorläufers, den
seine Mutter Elisabeth begleitet, entgegen.
Über dem Jesuskind schwebt der heilige
Geist in Gestalt einer Taube, nnd ganz
oben breitet Gott Vater segnend die Arme
aus. Durch die Schönheit des kühlen,
leuchtenden Gesamttons, innerhalb dessen
sich die reichste Farbenwirkung entfaltet,
gehört dieses Bild zu den malerisch voll:
kommensten Schöpfungen Murillos.
Jn der Reihe der vorzüglichsten Werke
des Meisters steht noch eine Anzahl von
Madonnenbildern, die nacJ verschiedenen
Orten zerstreut worden sind. Italien be:
sitzt neben der bereits erwähnten Corsini:
madonna in Rom CAbb. 36J das schöne,
schwermütige, mit kräftigen Farben aus
tiesdu11klem Grunde hervortretende Marien:
bild des Pittipalastes zu Florenz CAbb. 57J;
England das herrliche Rosenkranzbild der
Dulwichgalerie, das die Jungfrau mit
dem Kinde, erhaben und holdselig zugleich,
in lichter Wolkenhöhe thronend zeigt CAbb.
58J; Holland eine nicht minder liebensi
wiirdige Madonna in der königlichen Ge:
mäldesammlung i1n Hang. Vielleicht das
allerfchönste aber von Murillos Madonne11:
bildern ist das früher i1n Palast Sau Telmo
CMontpensierJ zu Sevilla, jeHt im Besitz
des Prinzen Anton von Orleans:Bourbon
befindliche Gemälde, Welches unter dem
Namen ,,die Jungfrau 1nit dem WjckeIbuHd
Cde la fajaJU bekannt ist CAbb. 59J. Maria
ist hier als die irdische Mutter aufgefaßt.
Sie ist damit beschäftigt, das auf ihrem
Schoße liegende Kind mit Windeln zu um:
hüllen; neben ihr liegt das Wickelband.
Aber zu den Seiten der so anmutig tnensch:
licheu Mutter spielen himmlische Engel dein
Kind auf Laute nnd Geige das Schlummer:
lied, und kleine Cherubim schauen vergnügt
aus den Wolken herab.
Murillo hatte das sechzigste Lebens:
jahr überschritten, als er sich entschloß,
einem von auswärts an ihn gerichteten Er:
suchen zu entsprechen u11d die Ausführung
der Hochaltargemälde in der Kapuzinerkirche
zu Eadiz zu übernehmen. Es war, soviel
man weiß, das erste und einzige Mal seit
der Jugendreife nach Madrid, daß er seine
Heimat verließ. Dieses Altarwerk ist un:
zerstört geblieben; es befindet sich in der
an einem Platz an der See gelegenen Kirche
des jeht in ein Jrrenhaus umgewandelten
Klosters an seiner ursprünglichen Stelle.
Man kann sich nach ihm eine Vorstellung
davon machen, wie das allerdings aus einer
größeren Anzahl von Ge1niilden zusammen:
gefeHte Altarwerk zu Sevilla sich aufgebaut
hat. Es find sechs Bilder, welche, durG
Rahmen voneinander getrennt, die ganze
Wand oberhalb des Altartisches ausfüllen.
Ein großes viereckiges Mittelbild ragt bis
weit in den Rundbogen hinein, mit welchem
die Wand unter das Gewölbe tritt; da die
Kirche auf den Namen der heiligen Katha:
rina geweiht ist, wurde hierfür der Stoff
aus deren Legende gewählt. Der über
diesem Bild verbleibende, oben von einem
Bogenabschnitt begrenzte Raum enthält eine
Darstellung von Gott Vater, der segnend
zwischen Engeln erscheint. Die seitlichen
Felder, jedes ungefähr halb so breit wie
das Mittelftück, sind an der Stelle quer ges
teilt, wo die äußere Gefamteinfafsuug aus
der Senkrechteu in die Rundung des Bogens