durch scharfe Beleuchtung hervorgehobene
seh11ige Miinnergestalt mit bräunlicher Haut
und schwarzem, wirrem Haar, mit einem
sehr bedeutenden Kopf von echt spanischem
Schnitt, saltet, an einen Felsen der Wüste
gelehnt, die knochigen Hände und wendet
den Blick empor, der unsichtbaren Quelle
des Lichts entgegen, das die blauschwarze
Wolkenuacht durchbricht. Joseph ist als
zur Zeit der Flucht in dem Ruinenland
Agypte11 verweile11d gedacht. In den Resten
eines zerfalleneu Gemäuers, das einige
antike Ba11sormen aufweist, auf einer Art
von Terrasse stehend, hat er das Jesuskind,
das etwa vierjährig erscheint, vor sich auf
einen Baustein gestellt 11nd hält es 1nit
beiden Händen fest. Der Knabe, in ein
helles Röckchen von weicher Lilafarbe ge:
kleidet, lehnt sich an die in violettgraue und
dunkelgraugelbe Gewänder gehüllte Gestalt
des Pflegevaters nnd schmiegt seine11 Locken:
kopf an dessen Brust, während er den Blick
voll auf den Beschauer heftet. Joseph aber
wendet seinen kräftig geschnittenen Kopf, dem
die waltende Fülle des dichten Haares eine
besonders mächtige Erscheinung gibt, seit:
wärts und späht mit scharfen Augen hinaus
in die Landfchast, deren lichte Ferne sich
weithin unter dem blauen, von Gewölk
dnrchflogenen Himmel ausdehnt; hochanf:
gerichtet hält er Umschau, ob nirgends
zwischen den weißen Bauwerken oder auf
den Höhen der Hiigelkette Verfolger nahen.
MurilIo hat das unbestreitbare Verdienst,
den BeschiiHer der Kindheit Jesu, ans dem
die meisten älteren Maler eine recht nichts:
sagende Persönlichkeit gemacht haben, with:
rend die neueren ihn mit einem Ubermaß
von schwächlicher Weichheit und dem Aus:
druck von Frömmelei auszustatten pflegen,
in all seinen verschiedenen St. Josephs:
bildern die im einzelnen voneinander
abweichen in der Bildung des Kopfes
in würdiger Weise als eine ausdrncksvolle,
kräftige Männererscheinung aufgefaßt z11
haben Cvergl. Abb. 37J. In nachoben
spitz, zulaufenden Feldern, die sich unter den
Anfängen des Bogens, welcher den ganzen
Aufbau des Hochaltars abschloß, befunden
haben, sind zwei Heilige der Entsagung,
denen beiden das Jesuskind erscheint, in
Halbsiguren dargestellt CAbb. 38 und 39J.
In dem einen Bild steht das Kind vor dem
heiligen Antonius von Padua, der es mit
glühender Junigkeit betrachtet, auf dessen
Gebetbuch. In de1n anderen ruht es in den
braunen Händen eines Greises mit dem
Bettelsack, des heiligen Felix, 11ud ftreichelt
dessen struppigen Graubart. A11f beiden
Bildern le11chtet der KindesJkörper wie das
Licht in der Finsternis in der Umgebung
von Braun und Grau; besonders schön auf
dem lex3genannten, in dem die wenigen Töne
wundervoll zusa1nmengesti1n1nt find.
Die einzelnen Altarbilder aus der Ko:
puzinerkirche übertreffen eins das andere
an Schönheit. Das größte derselben stellt
die Verkündigung Marias dar, ein kleineres
die nnbefleckte En1pfängnis, ein anderes die
Klage um den Leichnam Christi; sechs von
übereinstimmender Größe zeigen eine noch:
malige Darstellung der unbefleckten Ein:
pfängnis, die Anbetung der Hirten, die
Weltentsagung des heiligen Franeiseus,
nochmals den heiligen Antonius und den
heiligen Felix und die Al1nosenspende des
heiligen Thomas von Villanueva.
Zu diesen neun großen Ge1nälden kommt
noch ein kleines Juwel, ein Madounen:
bildchen von kaum 60 Eentimetern im Quad:
rat, von dem die Sage zu erzählen weiß,
Mnrillo habe eine Serviette vom Eßtisch
genommen, um dasselbe darauf wie mit
Zauberhand entstehen zu lassen; daher führt
es den Beinamen ,,de la servilleta.tt Es
ist nicht zu verwundern, daß sich an dieses
mit glückliihfter Leichtigkeit ges chaffene Meister:
werk die Vorstellung von etwas Anßerge:
wöhnlichem geheftet hat. Aus dem schwarzen
Hintergrnnd löst sich farbig das Brustbild
Marias, und vo11 den Armen der Mutter
aus streckt das leuchtend helle Kind sich vor,
auf den Beschauer zu. Das Kind ist so
körperhaft gemalt, daß es vor den Rahmen
herauszukom1nen scheint, und seine großen
Augen sprechen so lebhaft, als ob es einen
gleich anreden wollte. Der Blick des Jesus:
kindes wird von dem ruhigen und milden
Blick Marias begleitet. Es liegt etwas
Uubeschreibliches in dem. Bann dieser vier
dunklen Augen.
In dem Bild der Verkündigung CAbb. 40I
weicht die Anordnung von der herkömmlichen
Weise, an der auch Mnrillo in seinen frühe:
ren Behaudlnngen dieses Gegenstandes fest:
hielt, dadurch ab, daß der Him1nelsbote der
betenden Jungfrau gerade von vorn ent:
gegentritt, so daß diese ihn sieht, ohne sic;