Franz
Hals.
seinen flüchtigstens Äußerungen mit siche:
rem Griff zu erfassen und auf die Lein:
wand festznbannen, auf dieser seiner Kunst
faßte, wie das elegante, freilich mitnnter
sich auch in recht gemischter Gesellschaft
bewegende Gesellschaftsstück, so auch die
nach der entgegengeseyten Seite sich
wendende Schilderung des Bauernlebens
in seiner Urwüchsigkeit und Derbheit und
seiner tollen Festtagssreude. Was die
Volks: und Bauernstiicke von Adrian
Brouwer nnd Adrian von Ostade zu den
höchstgeschätz,ten Erzeugnissen der hollän:
dischen Genremalerei gemacht hat, die
treffende Charakterzeichnung, das volle,
frische Leben, der köstliche unbefangene
Humor und nicht minder der feine Ton
der Farbengebung, all diese Eigenschaften
sind entwickelt und ausgebildet worden in
der Schule des Franz Hals.
Der alte Meister sah manchen seiner
Schüler zum berühmten Manne werden,
nnd manchen von ihnen sah er vor sich
sterben. Er selbst aber arbeitete mit
immer gleicher Frische und gleicher Le:
bendigkeit weiter, wenn er auch anfing,
aus der Mode zu kommen, da der Tages:
geschmack sich mehr nnd mehr einer ins
Kleine gehenden und in kleinem Maß:
ftabe schaffenden Kabinettsknalerei zu:
wendete. Auch in der Bildnismalerei
wurden im allgemeinen jeHt solche Maler
bevorzugt, welche alles aufs sauberste
und sorgfältigste ausarbeiteten, nnd auf
sorgfältige Ausführung ließ der alte Hals
sich nicht mehr ein, dem es geniigte,
wenn er mit möglichst wenigen Strichen
ein möglichst lebendiges und spreche11des
Abbild einer Persönlichkeit gegeben hatte.
Doch fehlte es noch keineswegs an Leu:
ten, welche die künstlerische Überlegenheit
des Meisters der Bildniskunst über die
Jüngeren wiirdigten nnd sich durch die
breite und hastige Art seiner Malerei,
durch das nnverhüllte Zeigen des male:
rischen Machwerks nicht abhalten ließen,
bei ihm ihre Bildnisse zu bestellen und
dadurch ihre Erscheinung mit einer Le:
bendigkeit auf die Nachwelt gebracht zu
sehen, wie sie auch den tüchtigsten an:
deren Bildnismalern kaum jemals er:
reichbar war. .Von.Franz Hals in den
fünfziger Jahren gemalten Bildnisse sind
noch in zien1licher Anzahl vorhanden.
Sie beweisen, daß der Siebzigjährige
noch nichts eingebüßt hatte an seinen
kiinstlerischen Fähigkeiten, weder an der
Kraft nnd Schärfe der geistigen Auf:
fassung, noch an der unfehlbarenSicher:
heit von Auge und Hand. Es sind fast
ausnahmslos Meisterwerke ersten Ranges,
die ebenbürtig neben den Werken seiner
besten Jahre stehen. Dahin gehört im
Berliner Museum das mit der Jahres:
zahl 1656 bezeichnete Brustbild des
Tyman Oosdorp, aus dessen kräftig ge:
formtem Gesicht eine ständige herbe Ver:
drossenheit spricht CAbb. 36J. In Ab:
bildung 37 ist ein in der Sammlung der
Ermitage zu St. Petersburg befindliches
Bildnis wiedergegeben, welches, nach dem
Schnitt des langen Haares nnd nach der
Form des steifen Filzhutes zu schließen,
gegen Ende der fünfziger Jahre oder
noch etwas später entstanden ist. Wie
überzengend offenbart sich uns das Wesen
dieses augenscheinlich den besten Ständen
angehörigen Mannes, der, obgleich er
kaum das fünfunddreißigste Lebensjahr
überschritten hat, doch schon so müde in
das Leben blickt, der es nicJt für der
Mühe wert gehalten hat, für die Por:
trätsiHung einen frisch geplätteten Kragen
anzulegen, und der so nachlässig schief auf
dem Stuhle siHt, aus dessen durch den
überfallenden Mantelkragen verdeckte Rück:
lehne er sich mit dem ganzen Oberamt
anfstiitzt. Wie wunderbar hat der Maler