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Kunst.
Natur und
,,Man findetss schreibt Lesser, ,,daß unser GOtt so mancherlei
Thiere mit ausnehmender Schönheit geschmiicket hat. Man betrachte
die verächtlichen Raupen, die geringschät5igen Butter:
Vögel CSchmetterlingeJl Wie vielerley funklenden Reichthum an:
muthiger Farben hat nicht GOttes, Hand durch die Natur theils auf
einiger Leiber, theils auf andrer Flügel gebildet, daß man sie gar
wohl fliegende Blumen nennen kann. Man sehe an die giftigen
Schlangenl welche Pracht der schönsten Farben tragen sie nicht auf
ihrer glänzenden Haut, welche den schönsten Damasck beschämet. Man
sehe an die Vögel1 was vor wunderbarer Schmuck äußert sich nicht
bei; ihrem Anblick2 Das Auge siehet sich nimmer satt an der vielerlei;
Mischung ihrer Farben, welche die glänzenden Edelsteine mit ihrem an:
genehmen Gespiehle abstechen2 Wie funkeln nicht die Hälse der
Tauben mit ihrem 1vandelbaren grünlichen Wunder:Blau und ver:
änderlichen blaulichen Wunder:Griin, nachdem sie ihren Hals gegen das
Licht drehenP Welch7 ein unvergleichliches Gepränge lebhafter Farben ist
nicht auf dem Schweif e der P fauen2 auf welchem GOtt mit voller
Hand allen Ueberflusz der Farben scheinet ausgeschiittet zu haben, und
an dem er nebst dein Golde und Himmel:Blau alle Mischungen aller
andern Farben au6gestreuet hat.U Nachdem er in ebenso überschweng:
licher Weise die Pracht der Blumen, Muscheln und Schnecken ge:
priesen, die blos nachzubilden einem ,,Nubens, Holbein oder Diirer
schwer fallen solltest, fährt er fort: ,,Nun frage man, ob diese Farben
an allen diesen Geschöpfen zu ihrem Wesen gehören2 Man wird
allerdings mit Nein antworten müssen. Eine Blume würde dennoch
eine Blume, ein Schmetterling dennoch ein Schmetterling, ein Vogel
dennoch ein Vogel, eine Schnecke oder Muschel dennoch eine Schnecke
oder Muschel bleiben, wenn sie gleich so schöne Farben nicht hätten.
Weil aber GOtt in der Natur nichts vergebens thut, so fragt man
billig: Wozu so viel Schmuck und Zierde der Farben an
denen Schnecken und Muscheln dienen2 Was könnte aber wohl
vor eine andre Absicht hierbei; seyn, als diese, daß sie unsern
Augen eine Augen:Luft seyn sollen. Wäre nur der einzige
Zweck, daß sie sich fortpflanzen solten, oder daß einige uns zur Speise
dienen solten, so hätte gewiß GOtt nicht nöthig gehabt, sie durch die
Annehmlichkeit ihrer wohlgebildeten Gestalt, durch den angenehmen
Glanz ihrer frischen Farben und durch die ausnehmende Schönheit
unsern Augen reizend zu machen. Die göttliche Güte ist demnach
auch hier einer zarten Mutter gleich, welche sich nicht nur aller Noth: