,fabelwesen.
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lichen Oberkörper auf einem bocksähnlichen Unterkörper zu
erschaffen, eine Gestalt, durchaus pathologisch, aber keines:
Wegs naturwidrig. Wie würde sie sonst aus der heidnischen
Mythologie in das personificirende Dogma und die bildende
Kunst des Christenthums hintibergetragen und in den körper:
lichen Attributen des Teufels auf Jahrtausende hin erhalten
worden seinlU
Die in solchen Gestalten versuchte Verschmelzung eines
menschlichen Oberkörpers mit thierischem Unterkörper gab
vielleicht der griechischen Kunst erst den Anstoß, sie im Cen:
taurenbilde weiter zu steigern. Ueber den Ursprung dieser
Mischgestalten haben die Archäologen die verschiedenartigsten
Vermuthungen aufgestellt. Früher war die Idee vorherr:
sehend, das Urbild der Centauren bei thessalischen Hirten:
und Reitervölkern zu suchen, die untrennbar mit ihren Rossen
verwachsen erschienen und, wie es noch jetzt die römischen
Ochsenhirten der Campagna pflegen, die Biiffel mit einer
Art Stachelspieß zusammentrieben, Von dem griechischen
kente0 Ach sporne oder treibe anJ glaubte man leicht den
Namen Kentaur0s CStierstachlerJ ableiten zu können, allein
neuere Untersuchungen von Kahn und E. H. Meyer haben
es höehst wahrscheinlich gemacht, daß die Centauren vielmehr
mit den indischen Gandharven, weldhe den Göttern den Be:
geisterungstrank vorenthielten, zusammenhängen. Sicher ist,
daß der Centauren bei Homer und Pindar nur als Ver:
tretern eines wilden, halbthierischen, nach Wein und Weibern
liisternen Stammes gedacht wird, ohne daß irgend eine An:
deutung vorkäme, wonach sie schon damals als Mischgestalten
von Mensch und Pferd vorgestellt worden seien. Aeltere
Bildwerke CFig. 62J zeigen Centauren als Satyre mit langen
Pferdeschwänzen, aus späteren kann man das Zusammen:
wachsen von Pferd und Mensch fast schrittweise verfolgen
CFig. 63j. Erst später kam es den Künstlern gelegen, die