die
und
Der Heliotropismus
Künstler.
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Die Jndier symbolisirten durch diese Blume die Schöpfung
der lebendigen Welt, die ja ohne Sonne nicht denkbar wäre,
und Vrahn1a der Schöpfer, oder Joni und Lingam, die
Symbole der Schöpfung schwimmen in ihrem Kelche. So
tief ist die Verehrung bei diesem Volke, daß ein geborner
Nepalenser sich tief verneigte, als er im Studirzimmer des
Asienforschers JonesZ einst die geheiligte Blume erblickte.
Bei den meisten indogermanischen Völkern finden sich
Spuren eines alten Märcheni3 von einer Geliebten des
Sonnengottes, die in eine Blume verwandelt wurde und
sich nunmehr blos öffnet, wenn derselbe am Himmel steht,
und seiner Bewegung rings um das Himmelsgewölbe folgt.
Schon auf einer alten Rhodischen Münze erblickt man auf
der einen Seite ein Helioshaupt mit Strahlen, auf der
andern eine große geöffnete, anscheinend fünfblättrige Blume,
einer wilden Rose oder Granate vergleichbar, zu beiden
Seiten davon links eine weibliche Gestalt mit einem Zweig in
der Hand, rechts ein Zweig mit geschlossener Blüthe. Ovid
hat aus dieser alten indogermanischen Sage von der in
eine Blume verwandelten Geliebten des Sonnengottes seine
anmuthige Dichtung von der Klytia entwickelt, die vom
Sonnengotte verlassen wurde, nachdem sie aus Eifersucht
seine Besuche bei einer andern Nymphe den Eltern derselben
verrathen hatte. Sie aber schwand vor Kummer dahin,
härmte sich, Speise und Trank verschmähend, auf kahler
Erde neun Tage hindurch, bis der Sonnengott sie in die
Blume verwandelte, die des ,Trostes genießt, ihm immer mit
ihren Blicken folgen zu dürfen:
Nie auch wich sie vom Platz. Zum Gesicht des wandelnden Gottes
Schaute sie nur, Und wandte nach ihm sich stets mit dem AntliH.
Haften verblieb, wie es heißt, am Boden ihr Leib, und die fahle
Bläss7 entfärbt sich zum Theil zu saftentbehrendem Kraute;
Röthe zeiget ein Theil, und veilchenähnlirhe Blume