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Vierter Abschnitt.
und sehaut, aufgerichtet, mit dem Ausdrueke liebender Fürsorge den
Frauen im Vordergrunde zu, welche das sneugeborene Kind zu baden im
Begriff sind. Die Eine der Frauen giesst mit sgraziöser Gesehäftigkeit
Wasser in das am Boden stehende Badebeeken; eine Andere sitzt mit
dem Kind im Sehooss auf dem Untersatz des Ruhebettes, während eine
Dritte vor ihr kniet und die Kleine einer Anzahl von Frauen zu zeigen
bemüht ist, die aus dem Vorplatze soeben in das innere Gemach hereins
treten. Es sind die Freundinnen der Mutter, die ihre Theilnahme auss
zudriicken und Glijelcwiinsehe darzubringen kommen. 1hr Aussehen,
die wiirdevolle Haltung, ihr feiner Anstand und ihre Kleidung lassen uns
in ihnen die Abbilder der Töchter und Weiber jener 1iorentinisehen Bei
publikaner erkennen, die als Staatsmänner, wie als Künstler und Ges
lehrte, vor allen Völkern der damaligen Welt hervorleuehteten. Und
hierin sehen besteht der naive Realismus unseres Meisters, dass er in
diesen heiligen Bildern die wirkliche Welt seiner Vaterstadt zu verklären,
die religiöse Weihe seiner Gegenstände mit der blühenden Frische des
damaligen Weltlebens zu versehrnelzen wusste., Dabei zeigt er in der
Charakteristik der Personen und dem Vortrage der Handlungen die
allerhöchste Feinheit, und verbindet damit endlich eine Anmuth der
Formen und Bewegungen, wie sie nur ein Fiesole vor ihm besessen
hatte. Lasinio, a. a. 0. tav. XX.
Tafel
IV. A
H67 ÄsJ
T0sOANIsCHB
UND
P.4D1jAN1scHE
MALBRBI.
IRS. I. Die Aukerweckuns des lkön1gssohues durch Petrus und Paulus,
von IIo.saeelo. Die vorhergehende Tafel konnte den Reichthum der
Epoche an grossen lcünstlerpersönlichkeiten nicht einmal für Florenz
allein in hinreichender Weise repräsentiren. Zu ihrer Ergänzung greifen
wir daher hier vorerst noch einmal in die Anfangszeit des 15. Jahrhuns
derts zurück, welche in dem iiorentiner Meister Masaccio C1s101 1443J
den ersten Griinder jener erwähnten historischen Wandmalerei hervors
brachte. Die Abbildung führt uns eine seiner späteren, v0llencletsten
Leistungen. in einem der grossen Frescogemälde vor, mit denen der
Meister, nach dem Vorgange des Masolino da Panicale, die Kapelle Brans
cacci in S. Maria del Carmine zu Florenz ausschmiickte. Es ist die
wunderbare Erweckung des Königssohnes durch die Apostel Petrus und
Paulus. Die Haupthandlung geht etwas zur Linken vor sich. Hier kniet
der eben zum Leben erwachte, völlig nackt gebildete Knabe zwischen
Knochen und Todtenlcöpfen auf seinem Leichentuch. Eine Versammlung
ernst blickender Männer von überaus feiner und mannigfacher Cl1araks
teristik umgiebt den VOTgang; ihr Aussehen versetzt uns, wie dies bei
Ghirlandajo7s Werken Cvgl. Taf. 67, Fig. 5 und 6J ebenso der Fall war,
unwillkürlich in das damalige Florenz, dessen ehrsame Bürger vnIr in