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beiden Richtungen viel weniger scharf von den Künstlern
wie von dem Publicum gerichtet werden. Das Publicum ist
in der That keineswegs so geartet wie ein willfähriges Kind,
das sich nach dem Gntdiinken des Meutors da und dorthin
leiten läßt; es ist einerseits sehr beharrlich in seinen an:
gelebten Anschauungen und huldigt den Vorurtheilen, welche
zur Zeit gang nnd gäbe sind, mit starrsinnigster Vorein:
genommenheit, andererseits wieder ist es in seiner Zun1essnng
von Lob und.Tadel so veränderlich wie das launischeste
Aprilwetter; weil es in seiner Gesammtheit in der That alles
treibt, glaubt es nicht nur alles zu verstehen, sondern auch
alles zu können, und es ist auf seine Autorität eifersiichtigcr
als der hartgesottenste Tyrann, ja es wird, wenn man es
ihm allzu deutlich zeigt, daß man, ohne nach seiner Meinung
zu fragen, unbeirrt seine Wege geht, nicht nur ungerecht,
sondern geradezu grausam gegen denjenigen, der sich eines
solchen Vergebens gegen seine Sonveränetiit schuldig gemacht,
u11d es favorisirt in der That im Allgemeinen jene Ksritiker,
welche ihm, wie der vielbeliebte Ausdruck lautet, ,,Init ihrem
Urtheile ans der Seele geschrieben habenH. Jst dies ein: nnd
das anderemal nicht der Fall, so rächte es sich nicht nur
dadurch an ihn, daß es seine Urtheile ignorirt, sondern es
geht viel weiter, es setzt sich zu ihm in einen contra:
dictorischen Gegensatz, bejubelt das, was er verurtheilt, bewirst
mit Koth, was er gepriesen. Ja, es begniigt sich in seinem
Bemühen, sich an dem Manne zu rächen, gar nicht damit,
schickt ihm Znschriften ins Haus von der ausgesuchtesten
Flegelhaftigkeit. Jeder irgendwie namhafte Kritiker hat deren
in Hülle nnd Fülle erhalten, nnd wenn er auch im Laufe
der Jahre so abgestumpft gegen derartige Jnvectiven ge:
worden, das; er sie unentwegt in seiner Meinung und Ge:
sinnung in den Papierkorb wandern läßt, so kann es ihm,
wenn er auch noch so abgehärtet ist, doch nicht ganz gleich: