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Plastik.
plastisches Werk beansprucht, desto wichtiger es ist, daß es aus
edlem Material geformt sei, so ist auch die logische Con:
sequenz der Thatsaihe gegeben, daß jede Art von farbiger
Tonung nur dann zulässig sei, wenn das edle Material da:
durch nicht verhiillt oder Verdeckt wird. Die meisten der
Versuche, welche in den letzten Decennien in Bezug auf die
Polyrhromirnng von Plastiken gelegt wurden, verfielen in
den Fehler, daß sie die Wirkung des edlen Materiales nicht
nur schwächteu, sondern geradezu aufhoben. Es ist ja durch
die Forschungen von Künstlern und Knnstgelehrteu erwiesen,
das; die Griechen sowohl ihre Gebäude als auch ihre plasti:
schen Kunstwerke polyehromirt hatten, es ist aber auch eine
Thatsache, daß sowohl die Werke der Architektur als auch
die Werke der Plastik namentlich durch das Spiel von Licht
und Schatten wirken. Entscheidend für den Eindruck, den
ein plastisihes Werk hervorbringt, ist immer die Art und
Weise, wie es vom Lichte und Schatten getroffen wird. Man
versuche es doch und stelle eine vollendet modellirte Büste
oder Statue in senkrecht auffallendes Oberliiht. Da werden
die Formen wie verwischt und aufgelöst schwimmend er:
scheinen, alle charakteristischen Züge, nicht nur nicht picant
hervortreten, sondern verschwinden. Die farbige Tonung ist
also so zu wählen, daß sie die Wirkung der günstigen Be:
leuchtung eines plastischen Werkes in Bezug auf das Spiel
von Licht und Schatten nicht aufhebt, sondern geradezu
verstärkt. Wir haben ein Beispiel des Bersuches von un:
zweckdienlicher Polychromirung in Wien erlebt. Man hat
sich sehr zu beglückwünschen, daß dieser Versuch niemals zur
ernsten Durchführung gelangte. Hausen, der die ans weißem
Laaser:Marmor gebildeten Hertnen, welche u1nlaufend die
beiden Sitzungssäle.des Parlamentssaales sch1uückten, als
den coloristischeu Zusammenhang störend erkannte, fand, daß
diese Art der Verzierung den Gesa1nmteindruck der Säle