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Plastik.
Staatskunst, die er nach den Lehren Maeihiavelli7s übte, all:
gemein angestaunt, gewann ebenso dadurch, daß er es ver:
mochte, mit einem Schwerthiebe einem Pferde das Haupt
vom Rumpfe zu trennen, das allergrößte Ansehen bei seinen
Zeitgenossen. Ja dadurch, daß er einer der schönsten Männer
seiner Zeit und zugleich einer der kräftigsten, wurde er trotz
der Schandthaten, die er verübte, von den geistig Hoch:
stehendsten seiner Zeitgenossen würdig befunden, ihrer Freund:
schaft theilhaftig zu werden.
Immer also ist die vollendete Darstellung des nackten
Körpers eine Hauptaufgabe der Plastik gewesen, und stets
war in Zeiten, in denen auf die körperliche Ausbildung
neben jener des Geistes ein volles Gewicht gelegt wurde,
das Verständniß für dieselbe am allgemeinsten und ver:
breitetsten gewesen. Alle Kunst, Architektur ebenso wie Malerei,
werden nur dann blühen, wenn den ausübenden Meistern
würdige Aufträge zugeführt werden, und dies ist in den
Zeiten, da die Plastik florirte, auch immer der Fall gewesen.
Man hat ihr entweder dadurch, daß man Ideen, welche die
Zeit bewegten, durch sie allegorisch versinnbildlichen ließ in
Einzelfiguren oder in Gruppen, oder dadurch, daß man zum
Gcdächtnifse hervorragender Staatsmänner, Krieger, Dichter
nnd Denker durch sie Denkmale errichten ließ, stets in solchen
Zeiten fördernd unter die Arme gegriffen. Ohne derartige
Aufgaben kann eine bedeutende Plastik gar nicht entstehen.
Da nun festgestellt ist, daß die Hauptaufgabe die Dur:
stell11ng des Nackten ist, so ist auch hinzuzufügen, daß die
Gewandung, deren sie sich zur Bekleidung der Figuren
manchmal nothgedrungen bedienen muß, nur so ausgeführt
werden darf, daß die Formen des Körpers dadurch weniger
verhüllt, als vielmehr angedeutet werden.
Diese Thatsache führt uns zur Erörterung eines
sehr wichtigen Themas. In den Dreißigcr: nnd Vierziger: