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bei
den
Griechen.
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Zeit, der inzwischen 1vieder zum Vorschein gekommen und auf
dem Kenfington:Museum in London befindlich ist, scheint in
demselben Geiste gearbeitet. Eine mir mitgetheilte Beschreibung
deutet unbefangen gerade darauf besonders hin nnd liefert so
zugleich den Beweis für die Aechtheit des Stückes. Gleich in:
dividuell sind der David und der sterbende Gefangene für das
Grabmal Giulio7s aufgefaßt. Sie repräsentiren Mittelstufen
zwischen Knabenalter und Jünglingsthum, deren Darstellung
auf uns, weil unser Auge mehr durch den Anblick antiker Ar:
beiten als durch den der Natur geschult ist, einen fremden,
ungewohnten Eindruck macht. Beim David habe ich das oft
bemerkt, an Anderen wie an mir selber. Man schob den be:
fremdendeu Eindruck auf den Widerspruch zwischen den höchst
jugendlichen Formen nnd der colossalen Größe der Statue.
Daßidies der wahre Grund jedoch nicht sei, zeigen zum Bei:
spiel die noch colossaleren Antinoosstatuen, die, weil wir mit
dieser Auffassung durch die Gewohnheit des Anblicks vertraut
geworden find, nichts Befremdendes für uns haben.
Auffallender noch wirkt Michelangelo7s Festhalten an dem,
was die reine Natur bietet, bei weiblichen Gestalten. Wie
Homer Penelope oder Helena immer blühend und jung er:
scheinen läßt, mögen sich bei der Berechnung der Ereignisse ihre
Jahre als noch so zahlreich erweisen, so zeigen die Bildhauer
der Griechen ihre Frauen in den sanften, schmiegsqmen Formen
der ersten Schönheit. Vielleicht daß nach dem Verschwinden
des jugendlichen Glanzes der Uebergang zum Alter bei den
Griechinnen zu plötzlich war, um überhaupt noch darstellungs:
fähig zu erscheinen. Michelangelo aber, meißelt was er sieht,
die ausgearbeiteten härteren Muskeln späterer Jahre. Ja, er
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