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Leben
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Capitel.
Jrland, Indien, Australien und Canada, und als regierender
Mittelpunkt dafür London, aber ohne England, die Stadt
allein mitten im Meere liegend. So für die Venetianer, das
Meer und das Verdeck ihrer Schiffe war ihr Vaterland. Und
endlich, keine Entwicklung; denn was die Venetianer als Staat
gewesen sind, waren sie so gut wie von Anfang an, eine mit
eisernen Klammern ineinander verschränkte Aristokratie, die
sich immer enger zusammenziehend das herrschende Element
blieb. Niemals hat eine Herrschaft der Parteien stattgefunden,
nie politisches Volksleben bestanden, nie sind Männer anfge:
treten die von den Massen getragen sich an die Spitze der
Dinge stellten; und als nach einem Jahrtausend des Bestehens
der Untergang eintritt, plöt3liches Einbrechen und Verschwinden.
Kein Nachklang der alten Herrlichkeit. Niemand heute in dessen
Bewußtsein die Idee fortlebte vom alten Glanze des venetia:
nischen Staates. Denn die Venetianer unserer Tage haben in
ihren Wünschen nichts gemein mit dem Geiste der Familien
deren Namen im goldenen Buche verzeichnet standen. Nur
die Stadt selber ist geblieben, ihre Paläste leer, wie ausge:
blasene glänzende Eier, aus denen sich keine Jungen mehr er:
brüten lassen. Auch Florenz und Rom und Genua sind nicht
mehr was sie waren, aber der Wechsel der Jahrhunderte hat
hier niemals das treibende Leben ausgelöscht, und immer er:
füllt eine sich rührende Menge die Straßen. Venedig aber
steht da wie ein Theater, in dessen Coulissen die helle Sonne
scheint, und sammt den Helden die darin spielten ist Alles und
Alles davongegangen.
Auch damals schon im Jahre 1530 als Michelangelo nach
Venedig kam, stand der Wachsthum seiner Macht still, oder