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Leben
Michelangelosg.
Fünftes
Eapitel.
Bildhauer glaubte sich im Stande, etwas Rechtes daraus zu
machen, und so lag er seit Menschengedenken im Hofe der
Werkstätte für die Dombauarbeiten.
JeHt aber meldete sich Jemand, der es damit wagen
wollte. Unter der Zahl derer, die im Garten der Medici
gelernt hatten, befand sich ein Bildhauer, der von Lorenzo
dem Könige von Portugal gesandt wurde, und nachdem er
dort großartige Bauten und Sculpturen zu Stande gebracht
um 1500 wieder nach Florenz zurückgekehrt war. Andrea
Contucci del Monte Sansovino, so hieß der Mann, bat, man
möge ihm den Marmor übergeben. Die Consuln, aber, ehe sie
auf dies Verlangen eingingen, wollten erst Michelangelo7s
Meinung hören, ob erinicht selber vielleicht etwas Gutes
aus dem Marmor zu schaffen wüßte.
Michelangelo hatte soeben über eine andere Arbeit abs
geschlossen. Der Cardinal Piccolomini, dessen Familie ans
Siena stammte, wollte im dortigen Dome eine Grabcapelle
mit Werken der Sculptur ausschmücken und bestellte fünfzehn
Marmorstatuen kleineren Umfanges bei Michelangelo, der den
Contract, ein sehr interessantes Aktenstück, das die genciusten,
peinlichsten Bestimmungen enthält,27 am 19. Juni 1501 unter:
zeichnete. Jacopo Galli, sein römischer Freund, verbürgte die
eventuelle Rückerstattung vorausempfangener Gelder, falls die
bedungenen Ablieferungstermine nicht eingehalten würden oder
die Qualität der Statuen dem Vertrage nicht entsprechend
erschiene. Michelangelo aber, als er den ungeheuren, präch:
tigen Stein vor Augen sah und den Ruhm erwog, den er
durch eine Arbeit dieser Ausdehnung in Florenz erwerben
könnte, ließ die fünfzehn Statuen für Siena auf sich beru: