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wie dem Künstler, was ihm fehlte und was er so heiß er:
sehnte: inneren Frieden und das seelische Gleichgewicht. Je
mehr er Ich der Malerei, wie er sie bisher geübt, ent:
fremdet fühlt, desto mehr auch entfremdet er sich der Stadt,
die seinem Schaffen Beifall zugerusen; ihn fröstelt es in
Berlin, und er wünscht sich fort nach München, wo die
Aussicht auf eine Professur sich anzeigt, und wo er fern allem
Luxus, in bescheidener Lebenshaltung, einzig seinen künst:
lerischen Zielen leben will. Als er auf der Reise in die
Schweizer Berge zunächst bei Frau Lydia einsprach und seine
Kün1merniß, wie er sie schriftlich entwickelt, nun mündlich
wiederholte, als er von seinen Plänen als Landschafter und
als Bildhauer sprach, machte ihm die Freundin den Vor:
schlag: auf längere Zeit nach Jtalien zu gehen und dort
in völliger Unabhängigkeit seiner Kunst zu leben; und um
ihn vor jeder äußeren Sorge in dieser Zeit zu bergen, stellten
Lydia und ihr Gatte ihm ein festes Gehalt zur Verfügung,
für fünf Jahre; dafür sollte alles, was er arbeitete, ins
Be.lvoir wandern, als Eigenthum der Freunde. CAuch zwei
Familienporträts, welche er angefertigt, Frau Lydias Bilder
und das Gemälde von Gottfried Keller wurden in diese
Rechnung eingeschlossen.J Stauffer nahm freudig und unbe:
denklich an, was mit so vornehmer Gesinnung geboten wurde:
zwar von der Ersprießlichkeit einer Jtalienfahrt war er noch
nicht überzeugt, aber die goldene Freiheit, die ihm winkte,
hatte Frau Lydia ganz aus seinem Sinne heraus er:
wirkt. Das Schaffen um Lohn, je tiefer sein künstlerisches
Bedürfnis; sich entwickelt hatte, je gebieterischer es ihn drängte,
alle Gattungen im Kreise herum sich zu gewinnen, war ihm
verleidet; aber doch blieb er besonnen genug, er blieb
Schweizer genug, um gute Ordnung im Oekonomischen
als die Basis für sein Leben zu empfinden. Gefesselt fühlt
Karl StauffersBern. 3