Volltext: Karl Stauffer-Bern

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gleichsam aus dem Aermel schüttelt, daran glaube ich nicht 
mehr. Es wird immer die alte Geschichte bleiben: ,,mit 
Schmerzen sollst du Kinder gebärentt. Aber schließlich ist 
ein Trost doch dabei. Das Be1vus5tsein, seine Zeit und 
Fähigkeit nicht um die Ohren geschlagen zu haben, muß in 
späteren Jahren sein wie ein guter Ofen im Winter, denn 
von allen Katzenjammern, die dem Menschen das Leben 
sauer machen, ist jedenfalls der trostloseste, Reflexionen an: 
stellen zu müssen über ein versautes Leben, zu einer Zeit, 
wo es zu spät ist und nicht mehr sich ändern läßt, du kennst 
ja das schöne Gleichnis von den klugen und thörichten Jung: 
frauen. 
Daß ich Klinger hier habe, wenigstens noch für zwei 
Jahre, ist ein Glück, das ich vor allem schätze. Ich lerne 
von diesem reifen, grandios angelegten Genie mehr als mich 
irgend ein anderer Umgang fördern könnte. Unter einem 
guten Stern muß ich doch geboren sein Cwenn ich mal einen 
finde, der sich auf Astrologie versteht, so werde ich ihn 
fragenI. Ich habe immer das gefunden an Lehrern, Freun: 
den, was gerade paßte, um mich vorwärts zu bringen, und 
jetzt in reifen Jahren   . und seine Frau, die mir alles 
das aus dem Weg räumen, was mich eventuelI hindern 
könnte, schnurstracks vorwärts zu gehn. 
Jch habe mich jetzt endlich entschlossen, meinem W0h2 
nungsprovisorium ein Ende zu machen und ein reizendes 
kleines Logis gemiethet mit zwei Prachtterrassen im sechsten 
Stock, abgeschlossen von aller Welt, zehn Schritte vom 
Atelier, Aussicht über halb Rom, St. Peter, Pincio, Villa 
Medici, Trinita dei Monti, Quirinal, Vatikanische Gärten. 
Dort kann ich nach Herzenslust Farben, Landschaft studiren 
und malen in erriet apert.a, meine Kupferwerkstätte stabi: 
liren, in sommxi mein Wesen treiben. Man hat das nöthig, 
	        
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