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gleichsam aus dem Aermel schüttelt, daran glaube ich nicht
mehr. Es wird immer die alte Geschichte bleiben: ,,mit
Schmerzen sollst du Kinder gebärentt. Aber schließlich ist
ein Trost doch dabei. Das Be1vus5tsein, seine Zeit und
Fähigkeit nicht um die Ohren geschlagen zu haben, muß in
späteren Jahren sein wie ein guter Ofen im Winter, denn
von allen Katzenjammern, die dem Menschen das Leben
sauer machen, ist jedenfalls der trostloseste, Reflexionen an:
stellen zu müssen über ein versautes Leben, zu einer Zeit,
wo es zu spät ist und nicht mehr sich ändern läßt, du kennst
ja das schöne Gleichnis von den klugen und thörichten Jung:
frauen.
Daß ich Klinger hier habe, wenigstens noch für zwei
Jahre, ist ein Glück, das ich vor allem schätze. Ich lerne
von diesem reifen, grandios angelegten Genie mehr als mich
irgend ein anderer Umgang fördern könnte. Unter einem
guten Stern muß ich doch geboren sein Cwenn ich mal einen
finde, der sich auf Astrologie versteht, so werde ich ihn
fragenI. Ich habe immer das gefunden an Lehrern, Freun:
den, was gerade paßte, um mich vorwärts zu bringen, und
jetzt in reifen Jahren . und seine Frau, die mir alles
das aus dem Weg räumen, was mich eventuelI hindern
könnte, schnurstracks vorwärts zu gehn.
Jch habe mich jetzt endlich entschlossen, meinem W0h2
nungsprovisorium ein Ende zu machen und ein reizendes
kleines Logis gemiethet mit zwei Prachtterrassen im sechsten
Stock, abgeschlossen von aller Welt, zehn Schritte vom
Atelier, Aussicht über halb Rom, St. Peter, Pincio, Villa
Medici, Trinita dei Monti, Quirinal, Vatikanische Gärten.
Dort kann ich nach Herzenslust Farben, Landschaft studiren
und malen in erriet apert.a, meine Kupferwerkstätte stabi:
liren, in sommxi mein Wesen treiben. Man hat das nöthig,