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wird sich im Laufe dieses Monats wieder verheirathen, zu
meinem größten Leidwesen.
Um aber das,Maß voll zu machen, hat sie meinen
lieben Schnuggel mitgenommen, so daß mein Zustand ein
wirklich beklagenswerter ist, denn dieses äußerst possierliche
Thier hat mir manche vergnügte Stunde bereitet; Frau
. . hing aber so an ihm, daß ich glaube, sie hätte
ohne den Hund keine rechte Freude mehr im Leben gehabt,
so gab ich ihren Bitten nach und überließ ihr das Thier.
Gestern war Premiere im Ostend:Theater, ,,Der Volks:
seindt von Jbsen, ein ganz eigentümliches Drama, modern
bis zur Poesielosigkeit; aber nach meinem Dafürhalten trotz:
dem, oder gar deswegen eine hervorragende Arbeit. Das
Publikum dieser Premiere war ein wirklich eigenartiges, von
dem sogenannten gebildeten Berlin der Gesellschaft keine
Seele, überhaupt wenig Leute, die aber da waren, wußten
warum und es waren lauter Schriftsteller und Künstler,
Musiker natürlich nur Wagnerianer.
Jch habe wohl noch einige Sachen die ich Ihnen be:
richten könnte, sie fallen mir aber momentan nicht ein. Ja:
Keller, ich traue mich nicht ihm die Radirung zu zeigen,
ich bin überzeugt, daß ers übel nimmt. Mit herzlichstem
Gruß an Sie und Emil schließe ich als Jhr aufrichtig er:
gebener
Maler Stauffer.
März
1887.
Verehrteste Frau und Freundin2
Werden Sie bitte nicht ungeduldig, wenn ich Jhnen
Jhr Bildnis immer noch vorenthalte, ich möchte noch mit
Hilfe des Bildes verschiedenes versuchen, was mich interessirt,