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konnten auf keine Weise loskommen und mußten die frühere
Einladung annehmen und bei ihnen wohnen, fanden auch eine
sehr gute Aufnahme, verweilten drei Tage daselbst und wurden
dem ganzen weiten Familienkreise vorgestellt. Auch der Hoch:
zeit eines dieser Leute wohnten wir bei.
Von da steuerten wir ungesäumt Dresden zu. In Sorau
an der sächsischen Grenze wurde uns die allenthalben mit Be:
reitwilIigkeit geleistete Vorspann verweigert. Wir sahen uns
genöthigt, durch ganz Sachsen Extrapost zu nehmen, was, ab:
gesehen von den Kosten, ein elendes Reisen war, denn die
Straßen und das Postwesen befanden sich damals in Sachsen
in einem jämmerlichen Zustande. Am 8. Dezember kamen wir
nach Dresden, verweilten dort nur ein paar Tage und eilten
dann Bayern zu. Ietzt hatte sich auch der Winter mit großen
Schneemassen und strenger Kälte eingestellt. Einige Posten von
Dresden geriethen wir in einen zugeschneiten Hohlweg, in dem
die Pferde so tief einsanken, daß nur noch Hals und Kopf zu
sehen war. Wir mußten herausgeschaufelt werden, was viele
Zeit und große Anstrengung kostete.
Nie werde ich das freudige Gefühl vergessen, als wir die
bayerische Grenze erreichten und die ersten blau:weißen Weg:
säulen zu Gesicht bekamen. Ich glaubte die Erde küssen zu
muss en und beauftragte die Wirthsleute auf der ersten bayerischen
Post, dem Postillon, der mich dahin brachte, auf meine Kosten
Speise und Trank zu verabreichen.
In Hof, wo ich übernachtete, gab man mir, ohne daß
ich es verlangte, wieder Vorspann, weil man aus meiner
Marschroute sah, daß ich selbe überall erhalten, nur nicht in
Sachsen.
Am 18. kamen wir nach Nürnberg, wo ich meinen Freunden,
die durch meine glückliche Rückkehr unendlich freudig überrascht
waren, drei Tage schenkte und fuhr dann mit Extrapost bei
einer Kälte von 22 Graden in einer Tour, Tag und Nacht,
bis München, wo ich am 22. Dezember Morgens eintraf.
Das erste lebende Wesen, das mir in meinem Hause be:
gegnete, war mein Pudel, den ich auf der Heimreise zu Thorn
Albrecht Adam, Selbstbiographie. 17