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Bedingtheit der Kunst
Die zeitliche
denen die ganze Empfindung ihrer eigenen Zeit
wiederllingt.
Wohl aber könnte hier sofort die Frage auf:
geworfen werden, ob denn nicht die heute oerschmäh:
ten italisierenden Manieristen, wie Mabuse und
Scorel, wie Floris und Coxcie, die von Karel van
Mander gerade auch als Erneuerer.der niederlän:
dischen Kunst gepriesen wurden, da sie dem Streben
ihrer Zeit nach größerer Abrundung und idealerer
Formensprache genügten, und ob denn nicht die
heute verlästerten Kassizisten vom Ende des vorigen
Jahrhunderts, die wie Mengs und David ebenfalls
von ihren Zeitgenossen als Leitsterne angesehen wurden
und in der That ihrer Zeit in der vermeintlichen Rück:
kehr zum reinen Griechentum und zum reinen Römer:
tum voranlenchteten, nicht ebensogut ganz und gar
Söhne ihrer Zeit gewesen, wie jene gepriesenen Un:
sterblichenP Wo liegt hier der UnterschiedP
Es ist zum Glück, nachdem wir uns von der Not:
wendigkeit überzeugt haben, daß die Kunst dem Strom
des einheimischen Volkslebens entquelle, nicht schwer
auf diese Fragen die richtige Antwort zu finden. Es
stünde allerdings schlimm um unsere Ansicht, wenn
sie zur Folge hätte, daß die Berechtigung jeder Mode:
thorheit anerkannt werden müßte. Unsere Betrach:
tungen sollen uns ja gerade in den Stand sehen,
künstlerisch echte von künstlerisch unechten Bewegungen