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Stoffe
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größten Malern der älteren Zeit die eigentlich welt:
geschichtlichen Darstellungen im Verhältnis zu den
religiösen Vorwürfen und anderen sofort verständ:
lichen Gegenständen findt Man wird dann doch viel:
leicht ohne weiteres zugeben, daß das neunzehnte
Jahrhundert, seiner vorwiegend rückwärts blickenden
Kunstanschauung entsprechend, auch in der Bevor:
zugung geschichtlicher Stoffe einerseits zuviel gethan
hat, andererseits nicht immer glücklich gewesen ist.
Daß die Nachwelt an Kunstwerken, deren Inhalt
den Geist der Zeit atmet, in der sie entstanden find,
besonderen Anteil nimmt, ist zweifellos ein kunstge:.
schichtlicher Erfahrungssatz. Wir würden aber anderen
Erfahrungssät3en zu nahe treten, wenn wir uns bis zu
der Behauptung verstiegen, daß ein Künstler, der ein
Sohn seiner Zeit zu sein begehrt, sich der Darstellung
von Stoffen, die vergangenen Zeiten entlehnt sind, ent:
halten müsse. Es kommt nur darauf an, daß er sie
mit den Augen seiner eigenen Zeit angeschaut und
mit der Empfindung seiner eigenen Zeit beseelt habe.
Nur eine Zeit mit weit stärker ausgeprägtem wissen:
schaftlichen als kiinstlerischen Sinn könnte diese Sätze
dahin umdrehen, daß es in solchen Fällen zunächst auf
die geschichtliche Richtigkeit der Handlung und des
Beiwerks ankomme. Auch bei geschichtlichen Kunst:
Werken ist die Kunst die Hauptsache, die Geschichte
die Nebensache.
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