im Inhalte ebenso sehr wie in der 1nalerischen Form, der holliin:
dischen Schule. Auch Chardin7s Stilllebenbilder, seine Schilderun:
gen todter Thiere und häuslicher Gerijthschasten, worin er eine
große Meisterschast kundgab, entsprechen mehr dem niederliindi:
schen Geschmacke als den Neigungen des Versailler Hofes und
beweisen, daß schon frühzeitig Chardin begann 1737 auszu:
stellen eine Gegenströmung gegen den letzteren sich bemerkbar
machte. Doch behaupteten die Pastoralen noch lange das Feld,
fällt die Wirksamkeit der berühmtesten Rococomaler Boucher
und Fragonard theilweise erst in die zweite Hälfte des vorigen
Jahrhundertes. Fragonard, dessen Phantasie die Grenze des Cre:
billonschen Kreises hart berührt, der im Halbnackten und Halb:
dezenten sich auszeichnet, solche Situationen gern ausmalt, wo
ein fauniseher Zufall uns versteckte Mädchenreize enthüllt wie
wenn z. B. das Hemde brennt oder eine liebliche Langschläferin
mit Wasser besprixzt wird, der übrigens als Skizzenzeichner eine
wahre Meisterschaft entwickelt, starb erst 1806.
Man fügt übrigens den Rococomalern ein Unrecht an, wenn
man Boucher als ihren ersten und größten Repräsentanten be:
trachtet, geradeso wie derjenige von der Rococoskulptur eine falsche
Meinung gewinnen muß, welcher bei den Werken der monumen:
talen Kunst ausschließlich verweilt. Bouchardon, Nini, Pajou, Les
moyne und Clodion lernt man erst dann kennen und auch schätzen,
wenn man sie belauscht, wie sie in kleinen Thonmodellen die
Liebe und den Genuß verkörpern. Boucher kündigt bereits, so
paradox es auch klingen mag, vom Verfalle einer von Haus aus
gesnnkenen Kunst zu reden, den Verfall des Rococosiiles an. Dabei
braucht man gar nicht an solche Ungeschicklichkeiten zu denken,
wie sie Boucher sich zu Schulden kommen ließ, indem er z. B.
Christus unter einer eleganten Himmelbette geboren darstellt.
Seine ,,BergerienH reichen hin, das verda1nmende Urtheil über den
zwar fruchtbaren, aber auch oberflächlichen Künstler zu begründen.
Boucher7s Auge sieht außer einem schminkartigen Roth nur graue
Töne, er verhimmelt die Hirten, raubt ihnen aber darüber die
Lebenskraft, er macht von der Mythologie in seiner Weise einen
ausgiebigen Gebrauch, einen idealen Zug bringt er aber doch
nicht in die Schilderung. Das Schlimmste ist und bleibt, daß seine
Gestalten beinahe ohne Unterschied etwas Kindisches an sich haben.