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Rococoftil.
Der
eifrige Pflege, sie begaben sich dafür in eine vollkommene Ab:
hängigkeit von dem leHteren, ließest Gottesdienst und Frauen:
dienst vor dem Herrndienste zurücktreten. Während aber die ita:
lienischen Höfe in politische Ohnmacht gebannt wesentlich nur ein
glanzvolles Privatdasein fristetcn, hob sich das französische König:
thn1n zu europäischer Herrschaft. Das blieb nicht ohne Einfluss
auf die Kunst1ibung. Bei den Franzosen fehlt das politische Be:
wus3tseiu nicht, durch ihre Literatur und Kunst weht entschieden
ein monarehischer Zug, in der Verherrlichung der fürstlichen Ge:
malt erblicken Dichter und Maler eine wiirdige Aufgabe. Die
französische Kunst des siebzehnten Jahrhunderts ist nicht höfisch
schlechthin, sondern noch besonders monarchisch in ihrem Wesen;
im Kreise der bildende Künste gewinnt hier das Element der Re:
priisentation, das Scheinheroische eine noch größere Bedeutung,
als in Italien, wo der Abfall vom öffentlichen Leben eine solche
Richtung nicht begünstigt, wenn auch Jtalien die Mittel borgte,
jenes Streben zu befriedigen.
Das Schloß von Versailles ist das berühmteste und glän:
zendste Denkmal der französischen Hofkunst. Schon die Zeitgenos:
sen Lndwig XlV. waren sich des theatralischen Eindruckes wohl
bewußt, welchen die Ansicht des Schlosses von der Pariser Seite
her macht. Sie fanden darin aber nichts Tadelnswerthes. In
dem ganzen Zuschnitte des höfischen Lebens, in dem ausgebildeten
Ceremoniell, in der Erscheinungsweise des absoluten Monarchen
lag ein Anklang an den Pontia des Schauspieles. Drei Avenüen
führen in die Nähe des Schlosses. Noch ehe man dieselben durch:
schritten hatte, kam man rechts und links an zwei stattlichen Stall:
burgen, der grancle und petite öcurie vorüber und gelangte
endlich zur place ci7o.rn1es, an welche sich getrennt durch prachtvolle
Gitter ,,vor das Geld, welches in diesem Schloß auf eiserne
Stacket verwendet worden, sagt der alte Sturm, könnte man ein
ansehnliches Schloß vor einen Fürsten bauen0 noch zwei
Hosen anschlossen. Prunkvolle Galerien und Säle, eine Kapelle
und ein Theater fesseln des Wandercrs Aufmerksamkeit im In:
neren des Schlosses, dessen riesige Ausdehnung nur von der Park:
seite richtig genossen werden kann und welches doch nur in den
Staatsapartements sieh groß und würdig zeigt, auf die Bequem:
lichkeiten des Privatlebens eine geringe Rücksicht nimmt. Selbst