Feuerbach
und
Kritik.
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als Beleidigung gegenüber dem Geschmack, den sie besassen nnd,
weil sie ihn besassen, für den denkbar besten hielten.
Die Kritik hat Feuerbach sehr hart mitgenommen, namentlich
feine späteren Bilder, bei denen diese Absicht deutlich hervortrat.
Man fand die Gestalten unschön, den Gesichtsausdruck gemein,
man fand sie vor allem zu realis1isch. Feuerbach, sagt Rosenberg,
hat sich allzu sklavisch an seine Modelle, besonders an die weih:
lichen, gehalten und die Natur nebst allen ihren Zufälligkeiten
und Bildungsfehlern mit ängstlicher Treue wiedergegeben, sogar
gewisse Mißbildungen, die nur die Folge der modernen Kleidung,
des Tragens von Strumpfbiindern, Korsetts n. s. w. sind. Die
Pferde seien steif und hölzern. Dagegen bewunderte der Kritiker
Fenerbachs Skizzen. Die Ausführung also war es, die diesem
die Gunst der Kritik verdarb. Glaubt man Rosenberg, so hat
Fenerbach gerade das, was er erstrebte, nicht erreicht. Sein Leben
lang plagte er sich, um die Znfälligkeiten los zu werden, die ängst:
liche Treue z1I überwinden. Und gerade dies wird ihm als eigen:
tümlicher Fehler vorgeworfen. Wer ein gutes Beispiel für das
Nichtsehenkönnen der Kritik haben will, dem ist es hier geboten.
Feuerbach hatte den Fehler, solche Kritiken zu lesen. Der Sohn
eines deutschen Professors, hatte er eine unberechtigte Achtung
vor Gedrucktem. Lebte er doch einsam in Rom, war doch die
Zeitung ihm fast allein das Echo des Vaterlandes auf sein Schaffen.
Er hat schwer unter den Angriffen gelitten, er ist körperlich unter
ihnen zusa1nmengebrochen.
Adolf Rosenberg gehört zu jenen, die Feuerbach nicht ver:
standen. Das ist kein erwähnenswerter Umstand, da überhaupt
sein Verständnis vor allem Neuen und dabei Großen versagte.
Ich erwähne ihn hier nur, um das Verhältnis zwischen Kunst und
Tageskritik zu erörtern. Tageskritik nenne ich die, die heute ge:
macht nnd morgen vergessen wird. Es wäre unbillig, dem im
Schweiße seines Angesichts arbeitenden Tagelöhner der Zeitungen
daraus einen Vorwurf zu machen, daß seine Aufsätze gelegentlich
fehlerhaft, flüchtig, unbedeutend sind. Darum habe ich mich in
diesem Buche auch stets an jene Kritik gehalten, die nachträglich in
Buchform erschien, also nach Jahren vom Krikiker selbst für gut