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Schule.
Die historiskhC
zitternde, zuckende Leben siegte über die Hofmeisterei der Kunst:
denker. Viele von ihnen verließen kopfschüttelnd den kritischen
Schanplat;3, am Geiste ihres Volkes Verzweifelnd.
Der heiße Bln1nenduft, der Makarts Bilder umgab, ist ver:
flüchtet; die Farben, die er anwendete, haben schwer gelitten; die
Ziele, die er verfolgte, sind nicht mehr die unseren; die Siege, die
er erkämpfte, gehören der Geschichte an. Nur noch wenige führen
die Anregungen fort, die so mächtig nicht nur für die Malerei,
sondern namentlich auch für das Knnstgewerbe von ihm ausgingen.
Makart ist der einzige deutsche Künstler unseres Jahrhunderts, der
einen thatsächlichen Einfluß auf die Mode hatte. Auch diese hat
sich längst geändert. Man hat den vielgeliebten Meister selbst in
Wien, der Stadt, der er so lange den eigenste11 Ausdruck gab, zu
den Toten gebettet, ihn und seine Kunst.
Äußere Schicksale und künstlerische Gegnerschaft haben Anselm
Feuerbach als den vollkommensten Widerspruch gegen Makart
erscheinen lassen. Nennt er doch den wahnwitHigen und wahn:
seligen Dekorationsschwindel das fressende Gift, welches die Kunst
verzehrt. Wer in asiatische Prunkteppiche eingehüllte Scheinen ohne
Fleisch und Knochen für große Kunst hält, der besehe sich die alten
Jtaliener, die alle von tiefster Ehrfurcht für die Natur beseelt
sind. Der Künstler soll der menschlichen Erscheinung gerecht werden
und denke dann an die etwaige Bekleidung. Wer mit dem Schneider
anfängt, bleibt gewöhnlich bei dein Handwerkl So und ähnlich
äußert sich Fenerbach an vielen Stellen. Und doch, verglichen mit den
Anschauungen, die vor dem Auftreten beider Künstler herrschten, sind
sie einer Meinung, arbeiten sie aus gleichen Überzeugungen heraus.
Nur findet Feuerbach, der Denker, Worte für sie, aber sie passen
auch für Makart. Der deutsche Künstler, sagt er, auf die Zeit der
Cornelius, Schadow, Lessing hinzielend, fängt mit dem Verstande
und mit leidliiher Phantasie an, sich einen Gegenstand zu bilden
und benutzt die Natur, um seinen Gedanken, der ihm höher dünkt,
als alles äußerlich Gegebene, auszudrücken. Dafür nun rächt sich
die Natur, die ewig schöne, und drückt einem solchen Werke den
Stempel der Unwahrheit auf. Der Grieche, der Jtaliener hat es
umgekehrt gemacht; er weiß, daß nur in der vollkommenften Wahr: