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Schule.
Die hiftorisEhE
Lasegue sagt: Das Genie ist eine Nervenkrankheitk Börne hat
das schon vor ihm ausgesprochen, indem er höhnt: Ein Talent
ist eine große, fette Gansleber, es ist eine Krankheit; der Leber
wird das ganze arme Tier geopfertl Nach ihnen haben sich viele
Jrrenärzte mit dem Wesen des schaffenden Geistes abgegeben,
viele, die hofften, ihn in den mechanisch geknüpften Netzen ihrer
Gelehrsamkeit einzufangen, so daß man ihn auf den Tisch legen
und mit Behagen untersuchen kann. Sie haben ihn nicht zur
Strecke gebracht: das Geheimnis der Grenze zwischen hohem nnd
krankem Geist ist nicht aufgedeckt. Aus dem Gleichschritt der ge:
sunden, muskelkräftigen Menge muß aber wohl von Zeit zu Zeit
ein Querfiihrer hervortreten, denn der Weg. der Kunst geht nicht
geradeaus. Sie ist kein ständiges Fortschreiten, sondern ein immer
wieder neues Einsetzen. Und wenn eine noch so breite Straße
ins Dürre führt, muß einer kommen, der andere Stege weist.
Und das ist fast allemal ein solcher gewesen, der nicht nur Faust,
Herz und Hirn in das Schaffen einsetzte, sondern auch zum Reißen
angespannte Nerven. Auch die Krankheit ist ein Glied in der
Entwickelung der Menschheitl Wie oft hat sie die Gesunden über:
wundern, ihren Körper wie ihren Geist; wie fest hat sie sich in das
Sein der Geschlechter eingenistet, als ein Teil ihrer ererbten und
erworbenen EigenschaftenI
Dem Rethel seien unter den Düsseldorfern noch die Hand:
festen, Gesunden zur Seite gestellt, die Schlachten1naler. Aus ihrer
Zahl will ich einen Künstler herausgreifen, den ich selbst noch
kannte als einen klaren, schlichten Mann von ganz außerordentlich
lebhaft deutsche1n Empfinden, einen warmherzigen, eng mit seinem
Vaterland Verflochtenen: Georg Bleibtreu, den Herold des
preußischen Waffenruhmes; also den Maler, der Preußen in seinem
Besten, Ruh1nvollften, für Deutschland Segensreichsten, in seinem
Heere darzustellen unternahm; und zwar in einer Zeit, da der Mili:
tarismus von jedem Gebildeten als Feind der Freiheit bekämpft, die
Roheit der Soldateska überall verdammt und als die wahre That die
am Schreibtifche gefeiert wurde. Des Malers Sohn, der bekannte
Schriftsteller Karl Bleibtreu, hat über seinen Vater geschrieben
und aus Adolf Rosenberg, als den Mann mit vollem Verständnis