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Romantiker.
Die
durch ein einseitiges Rückgreifen auf die Gotik nicht beengt wurde.
Wie vielseitig sind die pariser Versuche im Kirchenbau, wie eigen:
artig ist die neue Kensington:Kathedrale in L.ondonI Wie früh
schon, 1859, wendete sich der große Führer der Katholiken Eng:
lands, der Kardinal Nicolas Wiseman gegen die Unduldsamkeit der
Gotiker vom Schlage des zum Katholizismus übergetretenen Roman:
tikers Pugin nnd dessen begeifterten Verehrers Reichensperger.
Für die deutschen Ästhetiker nicht nur unter den Katholiken
war die Renaissance der Bruch mit der kirchlichen Überlieferung, die
willkürliche Aufnahme undiNachahmung heidnisch römischer Bau:
formen. Und hiervon sind sie auch heute noch nicht abgebracht.
Viel dun11nes Zeug ist über diese Sache von beiden Seiten
geschrieben und geredet worden. Nach Janssen war in den Augen
der Protestanten der Resormationszeit der gotische Stil die papistische
Kunst. Alle Bewegungen gegen die katholisihe
und die sie Vertretende Hierarchie wären Hand in Hand gegangen
mit der Bekämpfung der Gotik. Wo er dies wohl her weißP Wie
dankbar wäre ich ihm, der ich mich auch mit diesen Fragen beschäftigte,
wenn er die Quellen dieser Erkenntnis angegeben hätte. Freilich
mit seinen, nämlich, daß ungefähr gleichzeitigsnIit der Reformation
die Renaissance kam, damit kann man nichts ausrichten. Denn
sie kam für Katholiken nnd Protestanten ganz gleichmäßig, ohne
daß mir auch nur eine Stelle bekannt worden wäre, aus der man
schließen könnte, daß die einen sich mehr als die andern über ihr
Kommen gefreut oder es betrauert hätten. Bei Janssens Ver:
ehrern fanden diese Gründe trotzdem Widerhall. Alle die, welche
von den Prärafaeliten berührt, die Inittelalterlichen Formen schlecht:
weg als deutsch:religiöse hinnahmen, erfüllten sich mit Abscheu vor
der heidnischen Kunst. Jm Friihchristentum, in den Basiliken, war
diese noch nicht überwunden; im romanischen Stil bereitete sich die
neue Größe vor; die Gotik bildete das System der Kirche in vollendet
künstlerische Form aus; die Renaissance verweltlichte es durch
frevelhaften Rückfall ins Heidentum. Das ist noch heute die
herrschende Auffassung.
Erst in später Zeit. entstand hiergegen Widerspruch. Die
Quelle, aus der er floß, ist durchaus bezeichnend: Die Jesuiten