Bauernmaler.
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mußte, der später so berühmte Ludwig Richter hatte als junger
Mensch seine Freude daran, Dresden nach schnurrigen Kerlen zu
durchsuchen und sie zu zeichnen. Der Stoff war ausgiebigJl
Unter diesem Gesichtspunkt gelang es zuerst die Kunst mit
der Gegenwart zu versöhnen, wenn sie diese mit einem gewissen
Selbstspott darstellen konnte. Ähnlich erging es in Süddeutschs
land mit der dort beliebt werdenden Bauernmalerei. Warum
begann man in ganz Deutschland plötzlich Bauern zu malenP
Warum KleinstädterP Warum nicht vornehme Leute, warum vor
allem nicht die Kreise, in welchen der Künstler die Blüte der
Nation sah, der Nation von Denkern und DichternP Doch wohl,
weil man nie mit vollem Ernst an jene glaubte herantreten zu
dürfen. Heinrich Bürkel, Peter Heß, Karl Enhuber in
München, Hermann Kauffmann und Martin Gensler in
Hamburg, Eduard Meierheim und Jakob Becker am Rhein,
Josef Danhauser, Waldmüller und Friedrich Gauermann
in Wien um nur einige zu nennen, haben von gleicher Grund:
lage aus wie Richter in Sachsen die Landschaft gesehen und sie
mit Volk belebt, mit Menschen, wie sie eben in die Landschaft
passen, Naturgebilden, über die der Gelehrtere lächelte. Der hatte
zu ihnen kein anderes Verhältnis, als das des Mitleides mit dem
Tiefstande ihrer geistigen Kultur und der Neugier, wie sich diese
äußere; und doch sahen so viele gerade in dem Zustande dieser
Leute das Glück, die wahre schlichtere Menschlichkeit; dieser Leute,
die eine fast unverständliche Sprache redeten und doch mit den
Gebildeten eines Volkes, eines Stammes, einer Zunge waren.
Als Goethe Hermann und Dorothea schrieb, nahm man ihm
sehr übel, daß er den Gebildeten zumute, sich mit dem Schicksal
eines Gastwirtes, eines Apothekers und der Jhrigen poetisch zu
beschäftigen. Voß Luise und der redliche Thamm standen da schon
höher. Ein Pfarrer, ein Schulmeister, um sie gute Menschen ohne
Falsch. Das Volk geschildert durch die BrilIe des Wohlwollens.
Der Maler Müller hatte es schon schärfer gepackt, sinnlicher ge:
sehen, die männlichen Züge besser erkannt. Erst Jeremias Gotthelf
kam aus seiner, des Seelsorgers, Absicht heraus, lehrend einzugreifen,
für die Bauern selbst zu schreiben, zu einem herzlicheu Ton, der aus
Gurlitt, 19. Jahrh. 12