Kochs und Reinharts Verteidigung.
Der Schornsche Kunststreit.
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Lorrain, es lebe der launige Jan Steen, Teniers, Ruysdael, Sny:
ders, Potter nebst vielen anderen. Jhre Werke erfreuen uns, sie
hauchen uns Leben ein. Zu was soll die Prahlerei mit Rafael,
der Natur und der Antike und dieser ganzen unharmonischen
Mischung von Jngredienzen, um einem bunten Nichts das Dasein
geben: Die Alltagsschoflität gewinnt den Preis, die Geiftesarmut
wird leichter verstanden und geliebtl
Reinhart gab Koch an Entschiedenheit der Abwehr der Kritik
nichts nach, an Grobheit sucht er ihn zu erreichen. Den Kunst:
Meyer, Goethes ästhetischen Sekretär, fertigte mit einer reichlich
derben Radierung 1807 ab; auch sonst wehrte er sich brieflich
seiner Haut mit WiH und noch mehr mit Derbheit. Über ein
Menschenleben lang sah er es an, wie die Kunst nnd Künstler be:
drohende Sündflut der Kunstschreiberei anwuchs. Endlich glaubte
er 1826 den Zeitpunkt gekommen, öffentlich sich gegen die Wasser:
männer zur Wehr zu setzen, gegen dieses Peru schreibfeliger
Jünglinge, welche die Kunst als grüne Wiese betrachten, wohin
jeder seine Herde zur Weide treiben dürfe.
Den Zorn der Römer hatte das Kunstblatt der Augsburger
Allgemeinen Zeitung und dessen Kritiker, Dr. J. K. L. Schorn,
vorzugsweise erweckt. Man war zu jener Zeit Kritik weniger ge:
wöhnt als heute, es wirkte mithin das einzelne Urteil anders als
jetzt. Denn während jetzt, was gestern die Zeitung brachte, morgen
vergessen ist, war damals noch ein Aufsatz in den Hauptblättern
ein vielbesprochenes Ereignis für das ganz gebildete Deutsch:
land. Man bedenke wohl, wie zudem die ästhetifche Auffassung
jener Zeit lag. Kant hatte als Grundsatz festgestellt, daß es ein
Urteil a pri0ri sei, einen Gegenstand schön zu finden; das heißt,
daß man dieses Wohlgefallen jedermann als notwendig ansinnen
dürfe. Und daraus folgerte z. V. Wilhelm Trangott Krug in
feiner Geschmackslehre, daß klafsisch jenes Werk sei, auf das die
Übereinstimmung in der Beurteilung aller Gebildeten zutreffe.
Daraus ergab sich weiter, daß ein widersprechendes Urteil von Gewicht
dem Werk diese Klasfizität nahm. Hier war Einstimmigkeit von
größtem Gewicht, weil ja nicht die Beschaffenheit des Kunstwerkes
nach Gründen, sondern nach der Allfeitigkeit der von ihm aus: