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die hohe Kunst, die Sculptur und die Malerei, folgen
lassen.
Wir dürfen hier keinen anderen Charakter erwarten,
als den, welchen wir schon haben kennen lernen. Es ist
derselbe Geist des Vergnügens, der Liebe und der Koketterie,
des Theaters und der falschen Natur, der Caprice, des
beliebigen Einfalls und der RegelIosigkeit, welcher im
Ornament, in der Ausstattung der Paläste und Wohnungen,
in aller Kunst überhaupt die Herrschaft führt. Dieser
Geist scheint unsaßliO, weil sein Wesen eben darin besteht,
daß die Laune alle künstlerischen Gesehe mit Füßen tritt,
aber eben hierin ist er wieder so wunderbar consequent,
daß er uns überall in einheitlichem und geschlossenem
Charakter vor Augen tritt.
Jn folchem Geiste konnte das Rococo jenes Beftreben
zur Entfaltung von Pracht und gewichtiger schwerer Würde,
noch pompösem Schein nicht festhalten; wie hätte sich die
Laune damit vertragen können9 Das Rococo will mit
seiner Kunst gar nichts, es beabsichtigt gar keine Wirkung,
es hat keinen andern Zwecks als sich zu amüsiren, sich selbst
zu gefallen, seinem Amüsement eine entsprechende wohlige,
behagliche, reizende Stätte zu verschaffen. Es ist daher im
Allgemeinen sein formelles Auftreten ein weit bescheidneres,
anspruchsloseres als das der Perrückenzeit, und zweitens
unterscheidet es sich dadurch von seinem Vorgänger, daß
es die Kunst mehr nach innen als nach außen richtet.