Eigenschaft, welche sie von der italienischen unterschied.
Deutschland steckte für den ornamentalen Geschmack tief
in der Gothik, für den der Figuren in einem derben
Naturalismus, den nur die treue, liebevolle Wiedergabe
des wirklichen Lebens, die Beseelung mit Gefühlen erträg:
lich macht. Es konnte sich nicht auf einmal davon losreißen
und sich nicht auf einmal für classifch:reine Formen begeistern,
zumal in einer solchen Zeit sturmvoller Bewegung, wo
die Geister und die Gewissen von ganz anderen Dingen
eingenommen waren. Hatte doch auch Jtalien von Nicola
Pisano bis Mantegna eine lange Schule der Bildung
durchmachen müssen. Jn Deutschland sollte sich derselbe
Prozeß in zwei Jahrzehnten vollziehen, der in Jtalien
zwei Jahrhunderte gebraucht hatte. Am Schluß des fünf:
zehnten Jahrhunderts schwebt noch über der gesammten
Kunstthätigkeit der Geist des Mittelalters, wenn auch in
seiner legten, sehr veränderten Weise, noch ohne eine Ahnung
von der Antike, und zwanzig Jahre später schreibt Dürer,
heutzutage muß alles antikisch sein. Es war freilich auch
alles, was dann geschaffen wurde, nur antikisch und nicht antik.
Wir könnten, wenn wir wollten, diesen Wandel des
Geschmacks an jeden einzelnen Künstler verfolgen, der vom
fünfzehnten Jahrhundert in das sechzehnte hinüberging,
vorausgesetzt, daß er nicht schon als alter Mann in die neue
Zeit eintrat. Zu dieser leHteren Art gehört Adam Kraft,
welcher schon 1507 starb, der Meister des gothischen