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höher organisirteu Thiere sind es deshalb fast nur, die fiir die künstlerische
Darstellung sich eignen, da sie uns individnelle Verschiedenheiten erkennen
lassen, da wir sie als einzelne lieben oder hassen können, da wir in
ihnen die besonderen Exemplare einer nnd derselben Gattung unterscheiden.
Die Thiere, die mit dem Menschen leben, die Hansthiere, liebt nun vor:
nehtnlich der Künstler, und nächst ihnen die Thiere der Jagd in allen
A:coi,iki;siinsss, Zonen. Jene bilden namentlich die s. g. Thierstiicke, diese die Jagd:
WWMi stiicke. Die Maler wenden sich meist der einen oder andern Art der
Thiermalerei zu, ja sie lieben es häufig, sieh auf ein einziges Thier zu
beschränken, und so finden wir denn ausschließliche Pferdemuler oder Maler
von Rindern, von Schafen, von Hühnern, von Hunden und so fort, u11d
darin besteht gerade das Poetische ihrer Kunst, daß sie dem einzelnen
Thiere seine Besonderheiten ablanscheu, und sie mit den Gewohnheiten des
Geschlechts in Einklang bringen. Wenn man dem Blöken einer Schaf:
heerde einmal einige Aufmerksamkeit schenken will, so wird man bemerken,
daß jedes der Schafe mit einer andern Stimme blökt; ähnlich wahrt der
Thiermaler selbst in einer Heerde die charakteristische Mannigfaltigkeit der
einzelnen Exen1plare. Je höher das Thier organisirt ist, umso weiter
kann er hierbei gehen, und da das Pferd das in allen seinen Theilen
gleichmäßig am höchsten organisirte Thier ist Lan Verstand steht ihm nur
der Elephant voran, an Schönheit tritt es mit dem Löwen in StreitJ, so
behauptet auch das Pferdestück den ersten Rang in der Thiermalcrei.
Die Jagdstiicke wählen hauptsächlich Hirsche nnd Rehe, doch erstrecken sie
sich auch auf Eber, Füchse, Bären und sogar auf Raubthiere, welche
letztere zuweilen an Stelle der menschlichen Jäger als Verfolger
anderer Thiere eingeführt werden. Diese Thiere einzeln oder zu mehreren
rnhend darzustellen, kommt sehr selten vor, doch kann man dann ein
solches Thierstück natürlich nicht ein Jagdstiick nennen.
Gcukshiidsk Treten die Thiere in Verbindung und in gemeinsamer Handlung mit
W TWM dem Menschen aus, so entstehen wiederum Genrebilder, doch ist wohl zu
beachten, daß auf diesen der Mensch weder als Wärter noch als Verfolger
der Thiere, diesen weder untergeordnet noch feindlich, austreten kann,
sondern daß Gemeinsamkeit stattfinden muß. Kinder mit Hunden, Katzen
oder Schafen, Bärentreiber mit ihrer bunten Gesellschaft und dergl. sind
hier passende Beispiele. Aehnlich tritt auch das Thier in der Jdylle auf
Csiehe weiter untenJ.
,Tsik Tc,ikks Endlich kann das Thier in der Fabel, die ihm menschliches Denken
Mc nnd Handeln unterlegt, auch bildlich dargestellt werden, und der Maler
kann hier sowohl eine vorhandene Fabel illustriren, als auch selbst erfindend
schaffen. Diese ganze gemalte Thierfabel muß komisch oder humoristisch