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beiden Leonoren von Karl Sohn, aus Göthe7s Tasso, ein Genrebild lyrischer
Art nnd endlich die Bilder Adolf Schrödter7s zu Cervantesi Don Qnixote
hu1noristische Genrestiicke.i Ob die Person der Dichtung wirklich gelebt
habe oder nicht, ist ganz gleichgültig. Faust, Nathan, Tellhein1, die Moor7s,
Hamlet nnd so viele andere haben einen so bestinnnte11 Charakter und
haben sich in das Bolksbewußtsein als bestimmte Personen so eiugelebt, daß
sie wie historische Gestalten erscheinen. Doch nicht das Drama allein,
auch die andern Gattungen der Dichtung haben dem Maler stets reichen
Stoff, wenn auch weniger bestimmt ausgesprochene und abgerundete Pers
sönlichkeiten, geliefert. Bei fester Geschlosscnheit der Gestalt liegt die rein
geschichtliche Auffassung nahe; haben aber die Personen des Gedichts
weniger Charakter, als daß sie im Volksbe1vußtsein bestimmte Formen,
gleichsam Fleisch und Bein, annehmen konnten, sind sie vielmehr allgemeine
Typen, so greift von selbst das Genre ausschließlich Platz, und der Künstler
muß speziell auf das zu Grunde liegende Gedicht hinweisen, wenn er für
seine Arbeit den Zusammenhang mit diesem wahren will. Wenn er uns
z. B. ein Bild zeigt, wo er ein Mädchen am Brunnen gemalt, dem ein
Jüngling den Krug hülsreich abgenommen, und wo nun beide sich über das
Wasser neigen, so daß sie ihr Bildnis; auf dem Spiegel desselben sehen,
so muß er uns erst ausdrücklich sagen, daß diese Leute ,,Hermann und
DorotheaU seien. Deshalb benutzt man die Zeichnungen dieser Art vor:
nehmlich als Jllustrationen, ohne jedoch jene zuerst genannten hierzu aus: Die straften:
zuschließen, d. h. man setzt den betreffenden Text des Gedichtes u11InittelbartW
daneben, oder schaltet die Zeichnung an der geeigneten Stelle dem Gedichte
ein. Hierbei nimmt man meist die vervielftiltigenden Künste zu Hülfe,
und gelangt auf diese Weise zu illnstrirten Ausgaben der Dichterwerke.
Ja man hat dichterische Schilderungen von Landschaften illustrirt,
man hat Jdyllen gemalt nnd Zeichnungen zur Thierfabel angefertigt. Hier
ist es aber durchaus nöthig zum vollen Verstcindniß, den Text zur Seite
zu haben, und wir werden bei der hier sieh anschließenden Besprechu11g
dieser Gattungen der Malerei wieder darauf znriiekkommen.
Wir wollen in einer Gruppe die Bilder zusammenfassen, die ihren
Stoff von einzelnen Gegenständen der uns umgebenden Natur nehmen
Thiere, Früchte, Fleisch und dergl., Blumen und dann die anschließen,
die die Natur in zusammenhiingender Erscheinung uns vorfiihren, Land:
schaft und Marine.
6J Die Thiermalerei stellt das Thier gleichsam als ein Jsndivii Die Freier:
dnu1n in einzelnen Exe1nplaren oder in der Vereinigung mehrerer dar. Mem.
Nicht jedes Thier ist nun freilich für den Maler brauchbar, da viele so
organisirt sind, daßtJndividnelles gar nicht sich aussprechen kann. Die