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Correggio.
Die
Venezianer.
eines sonst nicht bekannten lombardischen Meisters Ferrari, scheint er
sich in der Farbenbehandlung besonders nach Lionardo gebildet zu haben.
Er malte in jungen Jahren eine Reihe kirchlicher Räume in Parma mit
Fresken aus, welche bereits in ihrer weltlichen Haltung, in den gewagten
Verkürzungen, den lebendigen Bewegungen, dem flatternden Wurf der
Gewänder des Künstlers Eigenart zeigen. Seine Hauptkraft aber hat er
in Oelbildern entwickelt, welche theils kirchliche, theils mythologische Stoffe
behandeln. Dieselben zeigen die gemeinsamen Eigenschaften einer reizenden
Anmuth, einer zuweilen bis ins Schwärmerische und Verzückte gesteigerten
Darstellung der Gemüthsregungen, die unverhüllte Vorführung körperlicher
Schönheit, dasselbe süße Lächeln, selten ruhige Beschaulichkeit, vielfach
leidenschaftliche Bewegung, unruhige Anordnung; allezeit aber eine unglaub:
liche Weiche und Fülle malerischer Kunst, eine zauberhafte Beherrschung
von Farbe und Licht, ein höchst eigenthümliches bis in die tiefsten Schatten
durchsichtiges Helldunkel, so daß trog der Mängel in Zeichnung und
Anordnung diese Bilder in glänzendster Weise wirken.
Treffliche Bilder von Correggio in Dresden Cheilige Nacht, Magdalena, mehrere
Madonnen mit HeiligenJ, in Parma, Paris 2c. Correggio war in anderer Weise
als Michelangelo ein bedenklicher Lehrmeister. Des Letzteren Schüler suchten durch
Gewaltsamkeit der Gestalten und der Zeichnung dem Meister naehzueifern, Correggio
verlockte jedes schwächere Talent, in gesuchten Lichteffekten, unruhig aufgeregten oder
süßlich gezierten Geberden und Formen den Meister zu überbieten. So verfallen
Correggiois Schüler, unter welchen Francesco Mazzuola, genannt Parmigianino,
1503ss1540, der bedeutendste ist, alsbald in eine ungenießbare Manier.
S. 93. Die venezianische Malerei hält Reh frei von den Ein:
flüssen der gleichzeitigen übrigen Schulen Jtaliens; sie geht nicht aus von
der Freske, sondern ist ausschließlich Oelmalerei, welche hier durch Antonello
von Messina Es. 85J zuerst festen Fuß faßte und bereits durch Gianbellin
is. 86J zu höchster Vollendung ausgebildet ward. Haupteigenschaft der
Schule bleibt die tiefe leuchtende Farbe, nicht gerade verbunden mit
einem besonders idealen Sinn, besonderer Tiefe des Gedankens, aber mit
klarer maßvoller Zeichnung und Gruppirung, lebendiger freudiger Schön:
heit, einer aus der steten Rückkehr zur Lehrerin Natur hervorgehenden
kräftigen Gesundheit der Hervorbringungen. So haben die Venezianer
das Andachtsbild, die mythologische Darstellung und das Bildnis mit
gleicher Meisterschast behandelt, sogar zuerst sich mit Erfolg in der Land:
schast versucht; diese natürliche Gesundheit der venezianischen Malerei ist
auch die Veranlassung, daß sie nicht, gleich den andern Malerschulen, nach
kurzer Blüte in Dürftigkeit und Manier verfiel, sondern ein Jahrhundert
lang, von einer Fülle hochbegabter, mehrfach sehr lange lebender Meister
gepflegt, eine unglaubliche Menge edler Kunstwerke hervorbrachte.
s. 94. Die bedeutendsten Meister der venezianischen Schule sind:
Giorgio Barbarelli aus Castelfranco, genannt Giorgione, 1477 bis
1511, Gianbellins Schüler. Die Bilder des frühgestorbenen Meisters
sind nicht zahlreich, zeichnen sich aber durch Kraft der Charakteristik und
der Farbe aus, noch mit einer gewissen an die ältere Zeit erinnernden Herde.
Tiziano Vecellio da Cadore, kurz Tizian genannt, 1477ss1576,
Schüler Gianbel1ins, dann Nachahmer Giorgioneis, der größte venezianische