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Viel beschäftigen kann, bringt etwas .Zersireuung in diesen
peinlichen Zustand und ich darf mich noch glücklich schäHen,
wenn ich fühle, wie meine Leidenschaft, statt meine Jdeen
und meine Zeit zu beeinträchtigen, anregend auf mich
wirkt. Dennoch erscheint sie mir nur wie ein Fieber,
das Voriibergehen kann, und ich suche mir einige Kräfte
für den Augenblick zu erhalten, wo dieses Feuer, indem
es mich verläßt, mir auch meine Energie zu rauben
droht.U
Noch von Venedig schreibt er: ,,Jch habe soeben
Ihren Brief wieder gelesen und finde eine Stelle darin,
auf die ich noch nicht antworten konnte, wie es Ihre
Liebe verdient. Sie sagen mir, daß Sie noch nicht über
das zu schreiben wagen, was, nach Ihrer Anßcht, großen
Einfluß auf meine Gesundheit gehabt und mir in jeder
Beziehung viel geschadet hat. Lieber Freund, ich muß
von einer Schwäche zu sprechen fürchten, die ich verfluche,
der ich mich aber nicht schämen kann. Ich allein bin
die Ursache eines Uebels, das iih in mir hätte verschließen
sollen; denken Sie ja nicht, daß ein anderes Wesen
daran schuldig und sich in dieser Richtung etwas vorzu:
werfen hätte . . J,
,,Man muß immer Geduld und Reßgnazion in
Reserve haben; dann ist man mit Muth und Kraft ge:
wafnet, um allem mit Philosophie zu troSen. Jeder
Mensch wird alt; und die Jahre, die in einer gewissen
Epoche des menschlichen Lebens so rasch berfliegen, lassen
uns über den wahren Zweck des Daseins nachdenken.
Das ist gleichfalls ein Grund, der mich tröstet; denn die
falschen Jlluf1onen, die so leicht verfliegen, können nicht
ins Gleichgewicht gebracht werden mit der Ruhe, die eine