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ManIkann sie nicht voraussehen und selbst der größte
menschliche Scharfs1nn steht vor den Geheimnisfen der
Zukunft verlegen da. Wenn man nur wenigstens so
klug wäre, Ach auf Alles, was kommen kann, Vorzug
bereiten, man würde sich manchen peinlichen Augenblick
ersparen; freilich hätte man dann auch manchen sehr
angenehmen weniger. So co1npensirt sich Alles. Es
giebt freilich sehr unglückliche Lebensepochen, aber He
gehen vorüber und bisweilen folgt ihnen Ruhe und
Zufriedenheit, namentlich wenn sich die Seele ihre Energie
im Unglück erhalten hat. Wenn diese dagegen der Sturm
gebrochen, so erhebt sie sich nicht mehr, wenn auch der
Himmel wieder heiter wird. Aber ich weiß nicht, was
mich zu diesen Reflexionen veranlaßt: ich glaube es ist
die Furcht, nicht vor einer gegenwärtigen Gefahr, sondern
vor einer die vorüber Cdem Selbstmord seines BrudersJ
und der man nur mit Schauer ins Gesicht blickt, wenn
man ihr entgangen ist.7JU Später trat ihm das Bild
des Bruders häufiger wie ein Gespenst vor die Seele und
ließ in seinem Herzen die Todtenglocke ertönen. Er wandte
sich der Religion zu und der Mystirismus seiner Seele
wuchs mit jedem Tage. ,,Aber soll ich es sagen ZU ruft
er schmerzlich aus, ,,meine religiöse Stimmung, die mir
so viel Resignazion einflößt, weicht im nächsten Augen:
blick wieder einer wahrhaften Muthlos1gkeit. Ich sehe in
dieser Welt nur Bangigkeiten, Leiden und Kummer, was
mich die ewige Ruhe mit zu viel Sehnsucht und zu
wenig Vernunft wünschen läßt.WJ
Leopold sprach indessen, namentlich in dieser Zeit,
Brief an
sis2
Februar 1834.
Marcotte,