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Wieviel habe ich schon über diesen Gegenstand
reslectirt, wenn ich mein Leben recapitulirte und fah, daß
ich seit meiner Kindheit dieses Unrecht beging, das, wie
ich glaube, von einer zu großen Aengstlichkeit, einer über:
triebenen Empfmdlichkeit und geringem Selbstvertcauen
oder richtiger gesagt, von meiner zu großen Begierde
stammt, den Beifall der Andern zu haben und von der
besiändigen Befürchtung, denselben nicht zu oerdieneni
Mit diesem Hang kann eine glühende Phantasie, welche
immer arbeitet, uns in großes Unglück stürzen. Ja,
mein ausgezeichneter Freund, ich staune oft, wenn ich
Gutes und Schlechtes so seltsam gemischt sehe, daß ich
mich frage, wo das Glück sei. Ich erkenne die göttliche
Macht an, welche Alles lenkt und ich halte sie gerne für
lauter Güte und Gerechtigkeit. Ich anerkenne alle die
Gnade, der sie mich theilhaftig machen toolItez ich bin
gerührt davon; aber wie kommt es, daß diese Rührung
immer eine Traurigkeit in mir zurückläßt, die ich nicht
los werden kannl Ich möchte glücklich im Bes1Se dieser
göttlichen Gnade sein und sie genießen, wie ich sollte,
aber es ist mir unmöglicbl Muß ich darin nicht eine
eigenthii1nlich traurige Prädestinazion erkennen. Verzeihen
Sie, Sie, den ich so sehr liebe und dem ich nur An:
genehmes sagen möchte, wenn ich einen Ton mit Jhnen
anschlage, der Sie betrüben muß: Seien Sie überzeugt,
daß ein Theil meiner Zufriedenheit von Ihnen stam1ntt
Könnten Sie daraus einige Befriedigung schöpfenlU
Der legte Brief: 15. März 1835.
,,Mein lieber Freund und kostbarer Rathgeber, kann
ich ohne die lebhafteste Dankbarkeit an Ihre Güte