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scheidung von Historie und Genre ist so sinnverwirrend,
daß man glauben sollte, sie sei eine Erfindung der
Künstler, die am babylonischen Thurm gearbeitet. In:
dessen ist sie von späterem Datum. In den ersten
Perioden der Kunst gab es nur .Historienmalerei, nämlich
Darstellungen aus der heiligen Historie. Nachher hat
man die Gemälde, deren Stoffe nicht blos der Bibel,
der Legende, sondern auch der profanen Zeitgeschichte
und der heidnischen Götterfabel entnommen worden,
ganz ausdrücklich mit dem Namen Historienmalerei
bezeichnet; und zwar im Gegensätze zu jenen Darstellungen
aus dem gewöhnlichen Leben, die namentlich in den
Niederlanden aufkamen, wo der protestantische Geist
die katholischen und mythologischen Stoffe ablehnte, wo
für letztere vielleicht weder Modelle noch Sinn jemals
vorhanden waren und wo doch so viele ausgebildete
Maler lebten, die Beschäftigung wünschten und so viele
Freunde der Malerei, die gern Gemälde kauften.
Die verschiedenen Manifestazionen des gewöhnlichen
Lebens wurden alsdann verschiedene Genres. Als
die Kunst, nachdem sie lange geschlafen, in unserer Zeit
wieder erwachte, waren die Künstler in nicht geringer
Verlegenheit ob der darzustellenden Stoffe. Die Sym:
pathie für Gegenstände der heiligen Historie und der
Mythologie war in den meisten Ländern Enropa7s
gänzliTh
erloschen ,
fOgar
in
katholischen
Ländern ,
und
doch
schien
das
Costüm
der
Zeitgenossen
gar
zu
Uns