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Fuchs.
Reincke
Das selbstben1uszte Erscheinen Reinekes bei Hofe nnd seine Rede
zum König im neunten Gesange wird zunächst von Kaulbach bei Seite
gelassen. Nobel hat sich zornig von dem Schlaufuchs abgewendet, der
fiir alles eine Entschuldigung findet, der den großen Vorteil für
sich hat, dass die Hauptzeugen seiner Missethaten, Lampe und Bellun,
tot sind, auf die er nun alle Schuld zu schieben vermag. Mit dem
Könige werden wir in das Allerheiligste des Königsitzes geführt,
in das Schlafgemach der Königin, die beim Ampelschein auf üppigem
Lager gebettet ist, die jüngst gebotenen beiden Säuglinge am Busen,
neben sieh ein gemordetes Hahn. Denn auch der König und sein
Gemahl leben vom Diebstahl und Mord. Das Kronprinzchen sitzt be:
haglich auf dem Töpfchen. Jn1 Vordergrunde kniet die geschwätJige
Aefsin Frau Rückenan, als Wartefran gedacht, mit Haube, Handtnch,
Schwamm, Seife und Wnschgerät, und zählt an den Fingern dem König
alle die Dienste und Verdienste des klugen Reineke her, die dieser dem
Hofe bereits als allzeit schlauer Ratgeber erwiesen hat. Sie wird ans
diese Weise zur wichtigsten und nachhaltigsten Verteidigerin des geliebter:
Verwandten. Jn1Hansrock, den Schweif dureh das Knopfloch gezogen,
die Brille aus der Nase, mit lang herabwallenden Locken, das Szepter
in verschränkten Klauen auf den Rücken haltend, hört Nobel andächtig
der redseligen Fiirbitterin zu nnd ist schon halb und halb bestinnnt, des
Verbrechers Selbstverteidigung weiterhin gnädigst entgegen zu nehmen.
Und so erhält im zehnten Gesange Reineke wiederum das Wort zu
weiteren Lügen nnd beschreibt in ausführlichen Reden die köstlichen
Kleinodien, die er dem getöteteu Widder Bellyn als Geschenk für König
und Königin mitgegeben haben will. Zwei Fabeln, die kunstreich auf
dem der Königin zugedachten Spiegel angebracht gewesen sein sollen,
geben dem Künstler Gelegenheit zu neuen Jllustrationen. Erstlich die
Fabel vom Schos3hündchen des reichen Mannes, das Boldewyn der Esel
beneidet. FaulIenzend liegt.der Reiche in der Gestalt des Löwen, in Schlaf:
rock und Pantoffeln, auf weichem Kissen, sein Hündchen streichelnd, und
läßt sich von dem Affen als Friseur die Locken seiner Perrüike brennen.
Da kommt der klobige, ungehobelte Esel, der nicht mehr imnIer die
Arbeit verrichten und Säcke schleppen will, huldigend heran und be:
lästigt mit einem Blumenstrauße aus Disteln den unwirschen Hausherrn,
der sich mühsam der groben Zärtlichkeit erwehrt, während die Knechte,
Füchse und Hunde, darunter ein prächtiger Mosis als Lakai, den un:
gebetenen Eindringling von hinten an Schweif und Ohren zurückzerren.
Das zweite Stückchen erzählt vom Wolfe, der sich an einem Pferde
überfressen und ein spitziges Bein in die Quere des Nachens bekommen
hat. Kläglich liegt der Kranke auf dem Rücken. Die Kraniche als