Volltext: Wilhelm Kaulbach (Bd. 1)

Familie 
und 
Kindheit. 
seinem Herzen lieb und vertraut. Die Höhen an der DieInel mit den 
Denksäulen Karls des Großen und Rolands, Teutoburg mit den grauen 
Externsteinen, Geismar mit der Donnereiche, alles das erfüllte den 
jugendlichen Geist mit bedeutsamen Erinnerungen an große Ereignisse 
der vaterländischen Geschichte und Sage. 
Aber auch trübe Eindrücke mag er dort zuerst gefunden haben, die 
dauernd auf sein Gemüt wirkten. Jn Niedermarsberg war im Jahre 
1813 eine Provinzial:Jrrenanstalt eröffnet worden, und es ist nicht 
unwahrscheinlic;, daß er dort zuerst einen Blick in diese Schattenwelt 
des menschlichen Lebens gethan hat, wie er sie in einem seiner ersten 
Kunstwerke so ergreifend zu schildern wußte. 
Jn Klingenburg nahm sich seiner außer dem Urgroßvater mit be: 
sondrer Liebe auch eine Tante, Fräulein Friederike Brenken, die später 
in Paderborn lebte, an, freilich zuweilen auch mit Strenge, da sie sich 
nicht selten veranlaßt sah, strafend gegen den Neffen einzuschreiten. Sie 
bewahrte aus Kaulbachs frühesten Knabenjahren eine kleine Zeichnung, die 
zur Zeit ihrer Entstehung berechtigtes Aufsehen in Klingenburg nnd 
ihr selbst große Not verursachte. Denn der Gegenstand des Bildes war 
zum Erstaunen aller  Amor nnd Pfyche, und der Tante erschien  
als durchaus unpassend, daß der Junge bereits Kenntnis von der 
Mythologie besaß und sich hinter ihrem Rücken eine solche Lektüre zu 
verschaffen wußte. Die Strafe für eine solche Heimlichkeit blieb denn 
auch nicht aus. 
Ebenso wie der Knabe eine Zeit lang zu den Verwandten der 
Mutter in Kost gegeben war, wurde er, da die Mijlheimer Schulen als 
schlecht galten, im Jahre 1817 nach Arolsen in das Haus seines Groß: 
vaters väterlicher Seite geschickt, wo seine Wiege gestanden hatte. 
Hier n1idmeten sich nun außer dem Großvater auch ein Bruder seines 
Vaters, Adolf Kaulbach, der Hofkantor nnd Schnllehrer war, und der 
Schwager seines Vaters, der Pfarrer Seehausen, der Mann von 
Christiane Kaulbach, der Erziehung des ungeschulten Burschen. Hier 
sollte er zunächst die Schule besuchen und das Zeichnen aufgeben, wo: 
mit er sich damals schon von früh bis spät beschäftigte, wenn er nicht 
beobachtet war. Hier sollte er die strenge Arbeit, die harte Zucht einer 
kleinbürgerlichen, geordneten Hauswirtschaft kennen lernen. Das stand 
nun allerdings im schrosfsten Gegensatz zu dem unstäten, heimatlosen 
U1nherirren seiner Eltern und zu der freien, fröhlichen Thätigkeit des 
Bauernvolkes auf dem Lande, die er in der Erinnerung doppelt und 
dreifach genoß. Sein Großvater, der Schreiner, war ein grundbraver und 
tüchtiger, aber engherziger und eigensinniger Handwerker, der die Grund: 
lage jedes irdischen Glücks in einer zielbewußten, n1öglid7st stmmme1k
	        
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