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Die
ersten
Münchener
Eindrücke
nnd
Arbeiten.
Stimme getreu, die Ohren zu, um deren Bitte nicht zu erfüllen. Dass
dreizehnte Bild dann erzählt uns die Erfüllung der vorlehten, Prüfung.
Psyche erhält von Jupiters königliihem Vogel mitleidig den Krug mit
Wasser aus der Quelle des Cvcytos gefüllt, den sie der beleidigten
Göttin bringen soll. Merkwürdigerweise sind die beiden letzten Bilder
in der Reihe vertauscht worden. Um dem Gange der Erzählung zu
entsprechen, müßte die Nummer dreizehn vor zwölf stehen.
Jn den letzten Bildern über dem Balkon der vierten Wand werden
Pshrhes Erlebnisse im Orkus zunächst fortgesetzt. Dass gequälte Menschen:
kind, jetzt wieder in grünem Gewande, mit ängstliche1n Ausdruck nnd
langen flatternden Locken, kommt am dreiköpfigen Höllenhunde vorbei,
dem sie das erste der .Honigbrode zu schlucken gegeben hat, wie die
geheimnisvolle, wohl1neinende Stim1ne sie geheißen. Unter dem linken
Arme hält sie die Büchse, in der sie von der unterirdischen Schönheit
holen uius3. Recht bezeichnend für Kaulbaihs schalkhafte Auffassung ist
das vorletzte Bild, dessen Stoff er sich nicht entgehen lassen wollte, ob:
wohl er ihn gut hätte entbehren können. Psyche hat, kaum errettet aus
den Schaudern und Schrecken des Orkus, gegen den wohlwolleuden
Rat die Büchse geöffnet, um selbst auch ein klein wenig Von der ver:
borgenen Schönheit für sich zu nehmen. Aber für sie sollte nichts von
Schönheit darin sein. Wiederum wird ihre Neugier bestraft. Unhei1n:
liihe Rauchwolken entsteigen dem Gefäße. Ein unterirdischer, wahrhaft
sthgischer Schlaf bewältigt ihre Glieder. Sie ist in tiefe Betäubung
gesunken, die nur durch himmlische Kunst verscheucht werden kann. Die
Erweckung wird denn auch glücklicherweise auf dem Schlußbilde voll:
zogen. Amors Wunde war indessen geheilt. Voll Sehnsucht nach der
Geliebten ist er durch das enge Fenster des Zi1nmersJ entschlüpft, darinnen
er bewacht wurde. Auf eiligen Fittigen ist.er zur schlafenden hin:
geflogen, hat sie mit sanftem Stich seines Pfeiless vom lastenden
Schlunimer befreit und führt nun das treuliebende Weib in zärtlichster
Un1ar1nung auf den Wolken dahin, um vor versa1nnieltem Götterkreid3
dc1sHochzeitsfest zu feiern. Psyche, bräutlich weiß gekleidet, streiihelt
ihm mit der Linken die Wange und küßt ihn auf das herzlichste.
Damit schließt das anmutige Märchen bei Kaulbach, während hier
gerade Raffael mit uniibertrefflichen Sihilderungen fortsei3t. Bei ihm
kommt nun die berühmte Seene, in der Amor zuversichtlich vom grauen
nnd doch blühenden König des Olympos Gnade und Aufnahme für
Pfyche erbittet und erhält. Dann folgen die sigurenreichen Kompositionen
der Vorstellung des ebenbürtig erhobenen Erdeukindes im Kreise der
Himmlischen, sowie des genußfrohen Hochzeiti3n1ahles der Götter nnd
Göttinnen, wobei Raffael das einemal auf eigene Erfindung angewiesen