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11l. Buch.
Kapitel.
AUTOR Scl;effer.
Herz ist fchwerll aus der gepreßten Seele sich hervorringt; wie den beiden
Mignon des.Malers Edle erste vom Jahre 1836, die zweite vom Jahre
1839, beide im Besitz der Herzogin von Ahen zu ParisJisJ, die nicht nun:
deren Beifall gefunden haben, das eine Mal das tief in der Brust with:
lende Heimweh c,,Kennst du das Land II, das andere Mal das zarte
i1luslöschen des sinnlichen Lebens, das Ich in dem Liede ausspricht: ,,So
laßt mich scheinen, bis ich werdeHIJ. Deutlicher und daher wirksamer ist
die Situation in ,,Eberhard der Greinert mach Schiller6 Ballade, 1834,
im LuxeucbourgJiWJ ausgesprochen, der in der Mitte des Bildes vor dem
ganz im Vordergrunde todt ausIgestreckten Sohn sitzend rückhaltlos seinem
Schtnerze sich überläßt. Allein gerade in diesem Bilde tritt besonders die
schwiichliche und entnervende Auffassung hervor, in die der Maler hineins
gerieth, indem er sich bemühte, die Macht der inneren Empfindung in der
Gestalt selber sinnlich auszudriicken. Welch ein weinerliches, die matten
Hände ringendes Weib ist hier aus dein Helden geworden, der über die
Leiche des Sohnes hinweg die Seinigen zum Sieg führte und dessen tiefe
Männlichkeit Uhland, den Schmerz nur ahnen lassend, ergreifend in den
wenigen Worten geschildert hat:
,,Er tniet zur Bahre nieder, verhiilIet sein Gesicht,
Ob er vielleicht im StilIen geweint, man weiß es niiht.st
Und darin offenbart sich überhaupt die Schwäc;e des Künstlers: in der
versehwemtnenden Anschauung, welche die festen körperhaften Gestalten der
Dichter in das Weiihe und Sitßliche zerfließen läßt, ganz aufzulösen sucht
in den widerstandSlosen Nebel des Gefühls, so daß der Maler, indem er
es dem Poeten gleichthun will, die Leiblichkeit von dessen Figuren, statt
sie zu verdichten, vielmehr in eine traumhafte Hülle verflüchtigt. Die
IJ Beide gestochen von Aristide Lonis. ,
VII Bei Gelegenheit der Diifseldorser Schule, die bekanntlich auch lhrischeEn1pfin:
dringen zu schildern verstirbt hat, nnd mit besonderer Beziehung auf die Mignon von
Schadow hat Hegel in seiner Aenhetik 1Bd. Z, S. 85J das rein poetische, n1alerisih uns
saßbare Wesen derselben vortrefflich hervorgehobeu. ,,Der Charakter Mignons ist schlecht:
hin poetisch. Was sie interessant macht, ist ihre Vergangenheit, die Härte des äußeren
und inneren Schicksale, der Widerstreit italienischer, in steh heftig ausgeregter Leidenschaft
in einem Gemiith, das sich darin nicht klar wird, dem jeder Zweit und Entschluß fehlt,
nnd das nun, in sich selbst ein Geheitnniß, absichtlich geheimnisvoll sich nicht zu helfen
weiß . Ein solches volles Konvolut kann nun wohl vor unserer Phantasie stehen,
aber die Malerei kann es nicht, wie ed Siihadow gewollt hat, so ohne Bestimmtheit der
Situation und der Handlung einfach durch Mignons Gestalt und Physiognomie darstellen.it
Das gilt ganz ebenso von den SchefferIsihen Bildern.
III Gestochen von Paul Ehenay.