Bildniff e.
Das Portrait des
1Ss
Jahrhunderte.
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din Chatcaubriands nnd der Stai5l zeigt sich in einem Badegen1ach antikcn
Styls, wie eben dem Bade entstiegen, mit nackten Armen und Füßen,
aber den Leib mit einem weißen anliegenden Gewande antiien Schuitts
verhüllt, in anmuthig nachlässiger, fiSender Haltung. Bewegung nnd Aus:
drnck haben trotz dieser fast zweideutigen Situation durchaus nichts von
frivoler Grazie; der Maler hat es verstanden, das die leichte Art der Zeit
kcnnzeichnende Motiv in den Grenzen einer liebenswürdigen Bescheidenheit
zu halten. Auch als Ausführung eines seiner besten Portraits: harmonisch
in der Färbung und in der Form sorgfältig durchgebildet, ohne hart oder
trocken zu sein. Diesem Bildniß voranfgegangen waren schon diejenigen
der Mutter und der Gattin des ersten Konsnls, sowie die mehrerer Ge:
ncrale von schon ausgenmchtem Rufe. Fortan war G6rard der auserwählte
Portraitn1aler für die Familie und die.nenen Männer, welche Bnonaparte
allmälig an die Spitze Frankreichs, dann von halb Europa stellte. Sein
Talent hatte den ric2tigen Ausdruck gefunden und eben deßhalb durohge:
schlagen; es war auf seiner Höhe schon angelangt, als es auch äußerlich
seinen höchsten Triumph feierte und 1805 das erste Bildnis; des neuen
Kaisers, in großem, prächtigcnt Sthle gehalten, dem Fürst Und Maler be:l
wundernden Lande gab.
Für die moderne französische Malerei haben die Portraits Gcärards
eine doppelte Bedeutung: sie bezeichnen einmal gegen die plastische Weise
Davids nnd seiner unselbständigen Schiller einen entschiedenen Fortschritt
zum Malerischen, andrcrfeits aber innerhalb dieser ganzen Richtung den
Gegensatz der neuen Natnranffassung zu der Manier des achtzehnten Jahrg
hunderts. Die Portraitmalerei dieser Epoche hatte Hyacinthe Rigaud
beherrscht. Von ihm stammt die bekannte Weise her, der
ganzen Erscheinung des Originals den Wurf gesteigerten Selbftgefühls End
bewußter Ueberlegenheit zu geben und es durch ein ebenso potnphaftes als
geziertes Wesen über die Alltäglichkeit hinauszuheben; selbst das Beiwerk
erhielt diesen Charakter herausfordernder Pracht und oft ist es, wie wenn
in die Draperien des .Hintergrundes und die Gewänder ein Sturm führe,
um sie in kühne Wellen ansznbanschen. Einem so stolzen Geschlechte hatte
Rigand mit Recht nicht selten die AttributeHnhthologischer Götter gegeben.
.s Als dann an die Stelle des oly1npischen Kostün1s i1n Einklang mit
dem Wechsel der Zeiten das bescheidenere, aber nur um so reizendeke
Schäsergewand trat, blieb die Auffassung im Grunde dieselbe. Da nur in
der anspruchsooll umgeworfenen Hülle die Persönlichkeit sich diinkte etwas